Ausbildungsrecht (BBiG)
Einführung in das Ausbildungsrecht
Berufsausbildung Mannheim
Berufsbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes sind die Vorbereitung auf die Berufsausbildung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung. Eine Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz erfolgt zweigleisig sowohl in einem Betrieb als auch in der Berufsschule (sog. duales System). Dauer, Inhalt, Vergütung, Urlaubsanspruch usw. werden im Berufsausbildungsvertrag geregelt.
Arten der Berufsbildung i.S. des BBiG
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Die Berufsausbildungsvorbereitung dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen.
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Die Berufsausbildung hat die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten (berufliche Handlungsfähigkeit) in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln. Sie hat ferner den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen.
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Die berufliche Fortbildung soll es ermöglichen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erhalten und anzupassen oder zu erweitern und beruflich aufzusteigen.
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Die berufliche Umschulung soll zu einer anderen beruflichen Tätigkeit befähigen.
Besonderheiten des Ausbildungsrechtes
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Es darf nur derjenige ausbilden, der persönlich und fachlich geeignet ist. Die persönliche Eignung fehlt demjenigen, der Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen darf oder gegen das Berufsbildungsgesetz verstoßen hat. Fachlich geeignet ist, wer die erforderlichen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse hat und eine bestimmte Zeit bereits seinen Beruf praktisch ausgeübt hat.
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Die Ausbildungsvergütung ist Erziehungsgeld im Sinne des § 850a Nr. 6 ZPO. Die Ausbildungsvergütung kann daher nicht gepfändet werden.
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Nach § 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG) erhält der Auszubildende eine angemessene Ausbildungsvergütung. Unangemessen ist eine Ausbildungsvergütung nach Auffassung des BAG dann, wenn die tarifliche Ausbildungsvergütung um mehr als 20% unterschritten wird.
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Ausbildungsmittel (z.B. Werkzeuge und Werkstoffe), die für die Ausbildung und zum Ablegen von Prüfungen benötigt werden, sind vom Ausbildungsbetrieb dem Auszubildenden kostenlos zur Verfügung zu stellen. Allerdings muss sich der Azubi die Fachbücher für die Berufsschule selbst besorgen.
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Ausbildende haben Auszubildende für die Teilnahme am Berufsschulunterricht und an Prüfungen freizustellen.
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Die Ausbildungsdauer soll gem. § 5 Berufsbildungsgesetz nicht mehr als drei und nicht weniger als zwei Jahre betragen.
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Der Urlaub beträgt gem. § 19 JArbSchG jährlich mindestens 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 16 Jahre alt ist, mindestens 27 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 17 Jahre alt ist, mindestens 25 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 18 Jahre alt ist.
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Dem Auszubildenden können alle dem Berufsbild entsprechenden und üblichen Arbeiten übertragen werden. Die Arbeiten müssen allerdings dem Ausbildungszweck dienen und dürfen die körperlichen Kräfte des Auszubildenden nicht übersteigen.
Beginn und Ende des Ausbildungsverhältnisses
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Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.
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Das Berufsausbildungsverhältnis endet mit dem Ablauf der Ausbildungszeit. Im Falle der Stufenausbildung endet es mit Ablauf der letzten Stufe. Bestehen Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlussprüfung, so endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss. Bestehen Auszubildende die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich das Berufsausbildungsverhältnis auf ihr Verlangen bis zur nächstmöglichen Wiederholungsprüfung, höchstens um ein Jahr.
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Während der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis jederzeit ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden.
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Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Schlichtungsausschüsse und Arbeitsgerichte sind bei Annahme eines wichtigen Grundes sehr zurückhaltend. Von Auszubildenden kann das Ausbildungsverhältnis jederzeit mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden.
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Die Kündigung muss vom Ausbildungsbetrieb schriftlich und nach Ablauf der Probezeit unter Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
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Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszubildenden. Auf Verlangen des Auszubildenden sind auch Angaben über Verhalten und Leistung aufzunehmen.
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Bei Problemen ist in der Regel ein Schlichtungsverfahren einzuleiten, sofern ein Schlichtungsausschuss eingerichtet ist. Ansonsten kann direkt Kündigungschutzklage erhoben werden. Im Falle eines Verfahrens vor dem Schlichtungsausschuss kann Beratungshilfe beantragt werden. Im Falle der direkten Einreichung einer Küdigungschutzklage kann Prozesskostenhilfe beantragt werden. Es entstehen dann vorbehaltlich einer Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Zeitraum von vier Jahren keine Anwaltskosten. Das Arbeitsrecht sieht keine Kostenerstattung des Arbeitgebers außergerichtlich und in der ersten Instanz vor, selbst wenn der Arbeitgeber vollständig unterliegt.
Rechtsprechung zum Thema Berufsausbildung
Urteil des BAG vom 20.03.2018, Az: 9 AZR 479/17: Das Berufsausbildungsverhältnis gem. § 21 BBiG endet bereits vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss (wenn der Auszubildende die Abschlussprüfung besteht). Das vorzeitige Ende der Ausbildungszeit tritt aber nur ein, wenn das Prüfungsverfahren nicht nur abgeschlossen, sondern dem Auszubildenden das Ergebnis der Prüfung auch mitgeteilt worden ist. Wird der Auszubildende dann im Betrieb weiterbeschäftigt, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist, gilt gem. § 24 BBiG ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Das Bundesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang allerdings deutlich gemacht, dass die Fiktion nach § 24 BBIG erst dann eintritt, wenn der Ausbildende oder ein zum Abschluss von Arbeitsverträgen berechtigter Vertreter Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses und der Weiterbeschäftigung des Auszubildenden hat und dieser nicht unverzüglich widerspricht.
Urteil des Arbeitsgerichtes Solingen vom 21.01.2014, Az: 3 Ca 862/13: Es kann nur derjenige ausbilden, der persönlich und fachlich geeignet ist (§ 28 BBiG). Ein diesbezüglicher Mangel berührt nach der gesetzlichen Regelung nicht die Wirksamkeit des Berufsausbildungsvertrags. Fehlt diese Berechtigung schon bei Vertragsschluss, kann der Auszubildende den Vertrag anfechten oder außerordentlich fristlos kündigen.
Urteil des BAG vom 12.02.2015, Az: 6 AZR 831/13: Eine Probezeitvereinbarung in einem Ausbildungsverhältnis, das auf ein Ausbildungsverhältnis ebenfalls mit Probezeitvereinbarung folgt, ist unzulässig. Das BBiG ist teleologisch mit der Maßgabe zu reduzieren, dass die erneute Vereinbarung einer Probezeit bei Vereinbarung eines rechtlich neuen Berufsausbildungsverhältnisses unzulässig ist, wenn zu dem vorhergehenden Ausbildungsverhältnis derselben Vertragspartner ein derart enger sachlicher Zusammenhang besteht, dass es sich sachlich um ein zusammenhängendes Berufsausbildungsverhältnis handelt.
Urteil des BAG vom 17.03.2015, Az: 9 AZR 732/13: Das BAG sieht eine Ausbildungsvergütung in ständiger Rechtsprechung als nicht mehr angemessen an, wenn diese nicht mindestens 80 % einer vergleichbaren tariflichen Vergütung erreicht. Unterschreitungen sind dagegen denkbar, wenn die Ausbildung teilweise oder vollständig durch öffentliche Gelder finanziert wird.
Bei öffentlich geförderten Ausbildungsplätzen können Besonderheiten in Bezug auf die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung zu beachten sein. Verwertet der Ausbilder z.B. die Leistung des Auszubildenden nicht selbst und kommt die Ausbildung ausschließlich dem Auszubildenden zugute, so verliert der Aspekt der Entlohnung deutlich an Bedeutung. Somit kann unter Umständen eine Vergütung auch bei Unterschreiten der 80-Prozent-Grenze noch angemessen sein.
Urteil des BAG vom 29. April 2015, Az: 9 AZR 108/14:
Der Status der Gemeinnützigkeit des Ausbildungsbetriebes rechtfertigt es nicht, bei der Prüfung der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung von einer Orientierung an den einschlägigen Tarifverträgen abzusehen. Trotzdem sei eine durch Spenden finanzierte Ausbildungsvergütung in Höhe von nur ca. 55 % der Ausbildungsvergütung einschlägiger Tarifverträge noch nicht zwingend unangemessen. Anmerkung: Ausnahme von der Ausnahme....
Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 14.01.2015, Az: 13 Sa 73/14: nimmt ein arbeitsunfähig erkrankter Auszubildender nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist des Entgeltfortzahlungsgesetzes trotz fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nur am Berufsschulunterricht teil, so kann er hierfür trotzdem keine Fortzahlung der Ausbildungsvergütung vom Ausbilder verlangen.
Urteil des BAG vom 19.03.2015, Az: 8 AZR 67/14:
Ein Auszubildender, der durch sein Verhalten einen Beschäftigten desselben Betriebs schädigt, haftet ohne Rücksicht auf sein Alter nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer.
Es gehören - anders als im Schulbetrieb - Spielereien, Raufereien und Neckereien nicht zu den „betrieblichen Tätigkeiten“ im Sinn eines Haftungsausschlusses (§ 105 SGB VII).
Urteil des BAG vom 12.02.2015, Az: 6 AZR 845/13: Besteht gegen einen Auszubildenden der dringende Verdacht einer schweren Pflichtverletzung, so kann dies die außerordentliche Kündigung seines Ausbildungsverhältnisses rechtfertigen. Der dringende Verdacht stellt dann einen wichtigen Grund gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG dar. Wie immer in Verdachtsfällen muss dem Betroffenen vor Ausspruch der Kündigung die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt werden.
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