Beiträge zum Stichwort »Arbeitsrecht«

Sonntag, 10. Februar 2008

Kündigungsschutzprozess und Vergleich

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 23. Januar 2008, Akz:5 AZR 393/07:
Sachverhalt: Die Klägerin und der Arbeitgeber haben anlässlich eines Kündigungsschutzprozesses im Dezember 2003 einen Vergleich mit folgendem Inhalt abgeschlossen: „Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wird auf Grund fristgemäßer, arbeitgeberseitiger Kündigung aus betriebsbedingten Gründen mit dem 31.03.2004 sein Ende finden. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgerechnet, wobei die Klägerin ab 15.12.2003 unwiderruflich unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung auf bestehende Urlaubsansprüche von der Arbeitsleistung freigestellt wird.“
Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig krank. Nach ihrer Behauptung hatte sie nach dem Vergleichsabschluss ihre Arbeitsfähigkeit jedoch wiedererlangt (Anmerkung: die Zahlungsplicht des Arbeitgebers endet nach dem EntgeltfortzahlungsG nach 6 Wochen ! Der Arbeitnehmer erhält dann Krankengeld nach § 47 SGB V. Dieses beträgt 70 % des letzten Bruttogehaltes - höchstens 90 Prozent des Nettoeinkommens). Die Beklagte zahlte im Dezember 2003 keine und im Januar 2004 nur eine anteilige Vergütung.
Vereinbaren die Parteien die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeit
unter Fortzahlung seiner Bezüge, so führt die Auslegung dieser Vereinbarung im Allgemeinen nur dazu, dass die Arbeitspflicht entfällt. Ein Anspruch auf Arbeitsvergütung über die gesetzlichen Grundlagen hinaus wird aber nicht begründet. Ist eine entsprechende Zahlungspflicht des Arbeitgebers vorgesehen, so bedarf dies einer ausdrücklichen Regelung. Eine solche Regelung wurde nicht getroffen. Die Beklagte sollte lediglich ohne Rücksicht auf die Freistellung „ordnungsgemäß abrechnen“ und schuldet daher die Arbeitsvergütung nur bei Arbeitsfähigkeit der Klägerin oder nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung. Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Urteil des LAG aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen.

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Montag, 28. Januar 2008

Mangelnde Arbeitsleistung

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 17. Januar 2008, Akz: 2 AZR 536/06:
Nach § 1 Abs. 2 KSchG kann die verhaltensbedingte Kündigung eines leistungsschwachen Arbeitnehmers gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten durch fehlerhafe Arbeit vorwerfbar verletzt. Ein Arbeitnehmer genügt seiner Vertragspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet.
Alleine die Tatsache, dass der Arbeitnehmer die durchschnittliche Fehlerhäufigkeit aller anderen vergleichbaren Mitarbeiter überschreitet, stellt noch keinen Verstoß gegen seine Arbeitspflichten dar. Die längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquote kann je nach tatsächlicher Fehlerzahl, Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung allerdings ein Anhaltspunkt für die vorwerfbare Verletzung seiner vertraglichen Pflichten sein. Legt der Arbeitgeber die längerfristigen, erheblich unterdurchschnittlichen Leistungen des Arbeitnehmers im Gerichtsprozess dar, so muss der Arbeitnehmer erläutern, dass er trotzdem seine Leistungsfähigkeit ausgeschöpft hat.

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Montag, 21. Januar 2008

Lehrer und Befristung

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 19. Dezember 2007, Akz: 5 AZR 260/07:
Die Klägerin arbeitete als angestellte Lehrkraft in Hessen. Das Arbeitsverhältnis war befristet für den Zeitraum August 2004 bis Juli 2005. In diesem Zeitraum erhielt die Klägerin die vertragsgemäße Vergütung - in den anschließenden Schulsommerferien war sie arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld I (Lehrkräfte ohne Befristung erhalten auch während der Schulferien die volle monatliche Vergütung). Die Klägerin ist der Auffassung, das beklagte Land sei verpflichtet, ihr auch für die Dauer der an das Arbeitsverhältnis anschließenden unterrichtsfreien Zeit eine Vergütung zu zahlen. Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Bundesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Nach § 4 Abs. 2 TzBfG darf ein Arbeitnehmer wegen der Befristung seines Arbeitsverhältnisses nicht schlechter behandelt werden als ein Arbeitnehmer mit unbefristetem Arbeitsvertrag. Ausnahme: sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung. Eine schlechtere Behandlung wäre z.B. eine geringere Bezahlung für die gleiche Arbeitsleistung im Vergleich zu den Vollzeitbeschäftigten oder das Vorenthalten von Vergünstigungen wegen der Befristung. Eine schlechtere Behandlung der befristet angestellten Lehrer liegt nach Ansicht des BAG nicht vor, denn Lehrkräfte - deren Arbeitsverhältnis während des laufenden Schuljahres endet - erhalten auch keine Vergütung für Ferien nach dem Ausscheiden aus dem Schuldienst. Ebenso wenig liegt eine Schlechterstellung im Vergleich zu Lehrern vor, deren Arbeitsverhältnis über das Ende des Schuljahres hinaus fortbesteht, weil deren Arbeitspflicht in der unterrichtsfreien Zeit nicht entfällt - ↓↓ Das beschriebene Verfahren ist mittlerweile gängige Praxis bei den Schulämtern.

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Donnerstag, 03. Januar 2008

Abfindungsangebot nach § 1a KSchG

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. Dezember 2007, Akz:2 AZR 971/06:
Sachverhalt: Die Klägerin war seit 1999 im Unternehmen tätig. Nach Beendigung der Elternzeit unterbreitete man ihr ein Abfindungsangebot. Die Parteien verhandelten zunächst ergebnislos über die Beendigungsvereinbarung und im März 2005 wurde dann die Kündigung - mit einem Abfindungsangebot nach § 1a KSchG - ausgesprochen. Die Klägerin reichte hiergegen Kündigungsschutzklage ein - allerdings gerichtet gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Sie hat daraufhin die Klage zurückgezogen und erneut Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte (verbunden mit einem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung) erhoben. Auch die zweite Klage wurde zurückgenommen.
§ 1a KSchG: der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, wenn der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt und der Arbeitnehmer gegen die Kündigung nicht innerhalb von drei Wochen Klage einreicht. Ein solcher Anspruch besteht jedoch nur dann, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben auf diese Anspruchsvoraussetzungen hinweist. Diese Vorschrift soll gerichtliche Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit von Kündigungen möglichst vermeiden und die außergerichtliche Erledigung des Rechtstreites fördern. Wird jedoch trotzdem Kündigungsschutzklage eingereicht, so schließt diese Klage ebenso wie ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung einen solchen Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG endgültig aus (auch wenn der Arbeitnehmer seine Klage oder seinen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung wieder zurücknimmt).

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Donnerstag, 27. Dezember 2007

Abmahnung und Kündigung

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. Dezember 2007, Akz: 6 AZR 145/07:
1. Ein Arbeitgeber, der den Mitarbeiter wegen einer Pflichtverletzung abmahnt, verzichtet damit zugleich auf sein Recht zur Kündigung wegen dieses abgemahnten Pflichtverstoßes. Wenn der Arbeitgeber in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abmahnung kündigt, so spricht dies dafür, dass die Kündigung gerade wegen der abgemahnten Pflichtverletzung erfolgt. Den Arbeitgeber trifft dann die Darlegungslast, dass ihn andere Gründe zur Kündigung des Arbeitnehmers bewogen haben.
2. Ein Angestellter des Arbeitgebers, der auf einem Briefbogen mit dem Briefkopf des Arbeitgebers eine Kündigung ausspricht, handelt i.d.R. als Vertreter des Arbeitgebers und nicht als dessen Bote (Gilt auch, wenn der Zusatz i.A. vor der Unterschrift steht).

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Donnerstag, 27. Dezember 2007

Bonus und Schadensersatz

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 12. Dezember 2007, Akz: 10 AZR 97/07:
Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf Schadensersatz gegen den Arbeitgeber, wenn
1. der Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf einen Bonus hat, wenn er die von den Arbeitsvertragsparteien gemeinsam für jedes Geschäftsjahr gesondert festzulegenden Ziele erreicht und
2. wenn eine solche Zielvereinbarung aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, nicht getroffen wird.
Nach Ablauf des Geschäftsjahres (für das die Bonuszahlung zugesagt war) ist die Vereinbarung von Zielen nicht mehr zulässig. Die vereinbarte Bonuszahlung ist Grundlage für die Ermittlung des dem Arbeitnehmer zu ersetzenden Schadens.

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Mittwoch, 26. Dezember 2007

Verdachtskündigung

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 29. November 2007, Akz: 2 AZR 724/06:
Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund kann gerechtfertigt sein, wenn der auf Tatsachen beruhende Verdacht besteht, dass der Mitarbeiter mit Fahrzeugen des Arbeitgebers zu Lasten von dessen Haftpflichtversicherung Schäden verursacht hat und dies in Absprache mit den Unfallgegnern geschehen ist. Eine derartige Verdachtskündigung setzt aber voraus, dass starke Verdachtsmomente vorliegen, die auf "objektiven Tatsachen" beruhen. Zudem müssen diese geeignet sein, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers zu zerstören. Der Arbeitgeber muss ferner alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben - insbesondere muss er dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben.

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Mittwoch, 26. Dezember 2007

Beriebliche Altersversorgung

Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 13. November 2007, Akz: 3 AZR 191/06:
§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB: Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis, die durch Rechtsnormen eines Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung geregelt werden, werden bei einem Betriebsübergang Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber.
§ 613a Abs. 1 Satz 3 BGB: Das gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis bei dem neuen Betriebsinhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrages oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Aber: tarifvertraglich begründete Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung werden nicht durch eine beim Erwerber geltende Betriebsvereinbarung abgelöst. Sinn und Zweck des § 613a BGB ist es, den Mitarbeitern bei einem Betriebsübergang die bisherigen Arbeitsbedingungen zu erhalten.

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Flugbegleiter und anwendbares Recht

Urteil des BAG vom 13.11.2007, Akz: 9 AZR 134/07:
Ein Vertrag unterliegt grundsätzlich dem von den Parteien gewählten nationalen Recht (§ 27 Abs. 1 EGBGB). Diese Rechtswahl darf dem Arbeitnehmer jedoch nicht den Schutz zwingender Bestimmungen des nationalen Rechts entziehen, welches ohne die Rechtswahl anzuwenden wäre (Art. 30 Abs. 1 EGBGB). Dabei ist entscheidend, ob das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist (Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB). Zum Sachverhalt: Die Klägerinnen sind deutsche Staatsangehörige, die seit mehreren Jahren als Flugbegleiterinnen bei einer US-amerikanischen Fluggesellschaft beschäftigt sind. Zu Beginn Ihrer Tätigkeit haben diese eine - von der Beklagten in englischer Sprache formulierte - Urkunde unterschrieben. Für Streitigkeiten sollte ausschließlich die Gerichtsbarkeit der USA zuständig sein mit anwendbarem Recht des Staates Illinois. Betreut wurden die Flugbegleiterinnen jedoch von der „Base“ der Beklagten in Frankfurt am Main. Die Beklagte lehnte die Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit ab (§ 8 TzBfG). Beide Vorinstanzen haben die Klagen noch abgewiesen - das BAG hat diese Entscheidungen aufgehoben und die Sachen zur erneuten Verhandlung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das LAG hat daher zu prüfen, ob deutsches Recht anzuwenden ist.

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Dienstag, 27. November 2007

Sicherheitsvorschriften und Kündigung

Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 14.08.2007 - 5 Sa 150/07:
Hält ein Mitarbeiter elementare Sicherheitsvorschriften des Arbeitgebers zum Gesundheitsschutz nicht ein und verursacht er damit eine Gefährdung für sich und andere Kollegen, so riskiert er eine fristlose Kündigung. Da es sich regelmäßig um eine erhebliche arbeitsvertragliche Pflichtverletzung handelt, ist eine Abmahnung nicht erforderlich.

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