Beiträge zum Stichwort »Arbeitsrecht«
Arbeitszeugnis und Formulierung
Der Schlussabsatz im Arbeitszeugnis eines kirchlichen Arbeitgebers: "Wir bedauern sein Ausscheiden sehr und wünschen ihm auch persönlich für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen" sehen wir als eher unvorteilhaft an.
Krankschreibung und Kündigung
Urteil des BAG vom 03.04.2008, Akz: 2 AZR 965/06:
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichtes kann eine außerordentliche
Kündigung gerechtfertigt sein, wenn ein Arbeitnehmer - während er
krankgeschrieben ist - einer anderweitigen Arbeit nachgeht. Diese
Tätigkeit kann ein Hinweis darauf sein, dass der Arbeitnehmer die
Krankheit nur vorgespiegelt hat. Ferner kann in solchen Fällen eine
pflichtwidrige Verzögerung der Heilung vorliegen, die ebenfalls eine
Kündigung rechtfertige. Außerdem: Eine Kündigung kann auch dann
wirksam sein, wenn einem Arbeitnehmer mehrfach hintereinander wegen desselben
Sachverhalts gekündigt wird, aber nur mit der letzten Kündigung das
Anhörungsrecht des Betriebsrats (§ 102 BetrVG) gewahrt
wird.
Praktikum und Ausbeutung
Das Deutsche Historische Museum in Berlin hat für das "dreisteste
Praktikumsangebot des Jahres 2007" eine fragwürdige Auszeichnung erhalten.
Das Museum hat einer 29-jährigen Absolventin in Deutsch und Geschiche ein
sechsmonatiges unbezahltes Praktikum angeboten und wurde dafür vom Verein
fairwork mit dem handgefertigten "Goldenen
Raffzahn" bedacht - Bundesarbeitsminister Olaf Scholz schlägt vor, die
Regelung des BBiG (Berufsausbildungsgesetz), welches in § 17 eine
"angemessene Vergütung" für die reguläre Arbeit vorsieht, ins
BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) zu übernehmen. Diese Regelung habe dann
eine "generalpräventive Wirkung gegen Ausbeutung" - ↓↓↓ "eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr"; eine
solche gesetzliche Regelung wird es wegen der entgegenstehenden
wirtschaftlichen Interessen in absehbarer Zeit nicht geben. Und selbst wenn -
was ist unter einer angemessenen Vergütung zu verstehen ? Der Vorschlag
ist gut gemeint, geht aber letztendlich in die falsche Richtung.
Discounter Kik und geringfügige Beschäftigung
Das Arbeitsgericht Dortmund hat heute entschieden, dass eine Frau mit einem Stundenlohn von 5,20 Euro unangemessen niedrig vergütet worden ist. Der Discounter Kik (Anmerkung: gehört zur Tengelmann-Gruppe) muss für die letzten vier Jahre die Differenz zu einem angemessenen Lohn nachzahlen (insgesamt über 9000 Euro). Der angemessene Lohn liegt dabei zwischen 7,90 und 8,20 Euro. Die weitere Klage der Frau wurde dagegen abgewiesen. Sie hat keinen Anspruch auf Nachzahlung von Lohn für Urlaubstage in diesem Zeitraum - nach Ansicht des Gerichtes fehle es an ausreichendem Vortrag wann sie Urlaub genommen habe. Die Beklagte hat die Möglichkeit gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Versuchter Betrug und Kündigung
Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt vom 12.03.2008, Akz. 17 Ca 7464/07:
Das Erschleichen geringwertiger Sozialleistungen durch die Arbeitnehmerin
rechtfertigt keine fristlose und keine ordentliche Kündigung. Zum
Sachverhalt: Die Arbeitnehmerin hatte in der Betriebskantine
verbilligt gegessen, ohne im Besitz eines berechtigenden Ausweises zu sein
(dieser wäre kostenpflichtig gewesen). Die Klägerin hatte an diesem
Tag einfach den Ausweis ihres - beim gleichen Unternehmen beschäftigten -
Lebensgefährten benutzt. Der Arbeitgeber sah dies als Betrugsversuch und
kündigte fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der arbeitsvertragliche
Pflichtenverstoß ist nach Ansicht des Arbeitsgerichtes wegen des
minimalen Schadens als geringfügig anzusehen und rechtfertigt lediglich
eine Abmahnung nicht aber eine Kündigung - ** nicht
alle Arbeitsgerichte haben in der Vergangenheit ähnlich milde geurteilt !
Daher sollte man als Arbeitnehmer sehr vorsichtig sein.
Kündigung und "Surfen"
Urteil des LAG Mainz 02.03.2006, Akz:4 Sa 958/05:
Weiteres arbeitsrechtliches Urteil zum Thema
Arbeitspflichten und unerlaubte Internetnutzung:
Wurde einer Arbeitnehmerin bereits ordentlich gekündigt, so kann die
Mitarbeiterin nicht nachträglich außerordentlich und fristlos
entlassen werden, wenn sie trotz Verbots und vorheriger Abmahnung zwar privat
im Internet surft, dafür jedoch monatlich lediglich etwa eine Stunde ihrer
Arbeitszeit geopfert hat - ***aber: bei diesem Fall sollte
unbedingt beachtet werden, dass das Internet nur zum Austausch von E-Mails
genutzt wurde und nicht etwa zum Besuch von Internetseiten mit pornographischen
oder verbotenen Inhalten.
Tarifvertrag und Arbeitgeberverband
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 20.2.2008, Akz: 4 AZR 64/07:
Kurzfristige Austrittsvereinbarungen ("Blitzaustritt") unter Beteiligung von
Arbeitgeberverbänden können unwirksam sein, wenn dadurch die
Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie nicht unerheblich
beeinträchtigt wird. Beispiel: mit Hilfe solcher Vereinbarungen werden die
Grundlagen von Tarifverhandlungen gestört.
Elternzeit und Urlaubsanspruch
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom13.12.2007, Akz: 10 Sa 500/07:
Ein Urlaubsanspruch, der vor oder während der Elternzeit angefallen ist,
muss sofort nach dem Ende der Elternzeit, spätestens aber bis zum Ablauf
des Jahres nach deren Ende genommen werden. Auch wenn im Anschluss an die erste
Elternzeit eine weitere Elternzeit folgt. Der Mitarbeiter/in hat keinen
Anspruch darauf, dass am Ende der zweiten Elternzeit der insgesamt angefallene
Resturlaub zusammengerechnet werde. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der Sache ist die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Kündigung und Integrationsamt
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 13. Februar 2008, Akz: 2 AZR
864/06:
Wenn der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer in Kenntnis von
dessen Schwerbehinderteneigenschaft kündigt, ohne zuvor die erforderliche
Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung nach § 85
SGB IX einzuholen, so kann der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der
Kündigung bis zur Grenze der Verwirkung gerichtlich geltend machen. D.h.
nach § 4 Satz 4 KSchG beginnt in derartigen Fällen die
dreiwöchige Klagefrist gem. § 4 Satz 1 KSchG erst ab der
Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung an den Arbeitnehmer.
Niedriglohnbeschäftigung
Neue Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität
Duisburg-Essen:
- Von allen abhängig Beschäftigten war 2006 jeder Fünfte gering
bezahlt (Anstieg zu 1995 um 43%);
- Der Anteil von Beschäftigten mit abgeschlossener Berufsausbildung am
Niedriglohnbereich ist von 58,6% (1995) auf 67,5% (2006) deutlich
gestiegen.
- Fazit der IAQ: Im internationalen Vergleich hat Deutschland inzwischen einen
hohen Anteil von Niedriglöhnen und eine fast beispiellose
Ausdifferenzierung des Lohnspektrums nach unten
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