Beiträge zum Stichwort »Arbeitsrecht«
Praktikanten und faire Vergütung
Der Plan von Bundesarbeitsminister Scholz, die Ansprüche von Praktikanten
in das BGB aufzunehmen und so eine Regelung zur angemessenen Vergütung
für Schülern, Studenten und Absolventen zu schafffen, ist an
Bundesbildungsministerin Annette Schavan gescheitert. Das Bildungsministerium
räumt zwar ein, dass es Firmen gebe, die Praktikanten als billige
Arbeitskräfte benutzten und sie als Lückenfüller bei
Personalengpässen missbrauchten. Das sei aber kein Massenphänomen,
sondern ein spartenspezifisches Problem. Man werde keine Regelungen
unterstützen, die zum Verlust von Praktikumsplätzen führen. Die
Bildungsministerin beruft sich dabei auf den Deutschen Industrie- und
Handelskammertag. In einer Umfrage gab jedes zweite Unternehmen an, es
würde bei Umsetzung der neuen Regeln keine Praktikanten mehr
beschäftigen. Ein Viertel der Unternehmen würde weniger Praktika
anbieten - ↓↓↓ aber: s. Urteil des LAG Baden-Württemberg/faire
Praktikumsvergütung
Kündigung des Dienstwagenvertrages
Urteil des LAG Köln vom 28.06.2007, Akz: 6 Sa 278/07:
Der Arbeitgeber kann eine mit dem Arbeitnehmer - neben dem Arbeitsvertrag -
getroffene Vereinbarung über die Überlassung eines Pkws
(Dienstwagenüberlassungsvertrag) aus wichtigem Grund kündigen
(Teilkündigung). Ein solcher Grund liegt z.B. vor, wenn der Arbeitnehmer
bei einer Privatfahrt mit dem Dienstfahrzeug einen Unfall verursacht hat und
dabei stark alkoholisiert war.
Betriebsrat und Mitbestimmungsrecht
Beschluss des Bundesarbeitsgerichtes vom 22. Juli 2008, Akz: 1 ABR 40/07:
Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Arbeitgeber durch sog.
Ethik-Richtlinien (codes of conduct) das Verhalten der Beschäftigten und
die betriebliche Ordnung regelt.
Diskriminerungsverbot
Urteil des EuGH, 17.07.2008, Akz: C-303/06: Diskriminierung eines
Arbeitnehmers, der Pflegeleistungen für sein behindertes Kind erbringt und
aufgrund dieser Situation eine Benachteiligung durch den Arbeitgeber
erfährt - *** lesenswerte Entscheidung
Kündigungsschutz und Kleinbetrieb
Urteil des BAG vom 26.06.2008, Akz: 2 AZR 264/07:
Der Kündigungsschutz gilt nicht in Kleinbetrieben. Will deshalb ein
Arbeitnehmer im Prozess geltend machen, eine ordentliche Kündigung sei
sozial ungerechtfertigt und unwirksam, so muss er darlegen und beweisen, dass
im Betrieb des Arbeitgebers die erforderliche Beschäftigtenzahl (mehr als
zehn Arbeitnehmer; § 23 Abs. 1 KSchG) erreicht ist. Es reicht aus, wenn
der Arbeitnehmer die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass
kein Kleinbetrieb vorliegt. Der Arbeitgeber muss sich dann zur Anzahl aller
Arbeitnehmer im Betrieb erklären. Bleibt aber auch nach der Beweiserhebung
noch unklar, ob Kündigungsschutz besteht, dann
gehen die Zweifel zu Lasten des Klägers (=Arbeitnehmer).
Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit
Urteil des BAG vom 24.06.2008, Akz: 9 AZR 514/07:
Der Arbeitnehmer kann sein Angebot auf Verringerung der
regelmäßigen Arbeitszeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz
(§ 8 Abs. 2 TzBfG) davon abhängig machen, dass der Arbeitgeber auch
seinem Verteilungswunsch zustimmt. Der Arbeitsnehmer unterbreite mit seinem
Wunsch ein einheitliches Vertragsangebot. Er dürfe auf Grund des
Ergebnisses der Erörterung seinen Verteilungswunsch erstmals
äußern oder einen vorher geäußerten Verteilungswunsch
ändern. Danach sei er aber an seinen Verteilungswunsch gebunden.
Die Klägerin durfte deshalb ihren Verteilungswunsch nicht mehr im
Prozess ändern. Ihr verbleibt nur, erneut die Verringerung der
Arbeitszeit zu beantragen und die Festlegung der nunmehr gewünschten
Verteilung zu verlangen.
Wochenende und Rufbereitschaft
Urteil LAG Hessen vom 06.11.2007, Akz: 12 Sa 1606/06:
Die Weigerung eines Mitarbeiters an Wochenenden Rufbereitschaft zu leisten,
rechtfertigt keine ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers, wenn es an
einer entsprechenden arbeitsvertraglichen oder kollektivrechtlichen
Verpflichtung zur Ableistung solcher Dienste fehlt. Grundsätzlich kommt
eine verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitnehmers bei der beharrlichen
Verletzung von Arbeitspflichten (nach vorheriger Abmahnung !) immer in
Betracht. Ein Mitarbeiter kann allerdings Aufgaben, die der Arbeitgeber unter
Überschreitung des Direktionsrechts nach Art, Zeit und Ort zuweist,
ablehnen.
Betriebliche Fahrerlaubnis
Urteil Bundesarbeitsgericht vom 5. Juni 2008, Akz: 2 AZR 984/06:
Die Entziehung einer vom Arbeitgeber (=öffentliches
Personennahverkehrsunternehmen)
zusätzlich zum Führerschein erteilten "betriebliche Fahrerlaubnis",
rechtfertigt für sich weder eine außerordentliche noch eine
ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers (=Berufskraftfahrer) aus
personenbedingten Gründen. Der Entzug einer "betrieblichen Fahrerlaubnis"
steht nicht dem Verlust einer gesetzlichen Fahrerlaubnis gleich, da ihre
Erteilung und ihre Entziehung nach den Regeln erfolgt, die vom Arbeitgeber
erstellt worden sind. Der Arbeitgeber hätte es sonst in der Hand, sich
selbst Kündigungsgründe zu schaffen und die Regelungen zur
verhaltensbedingten Kündigung bei Arbeitsvertragspflichtverletzungen zu
umgehen.
Arbeitsvertrag und Schriftformklausel
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 20. Mai 2008, Akz: 9 AZR
382/07:
Sachverhalt: Der Kläger war für die Beklagte als Büroleiter in
China tätig. Die Beklagte erstattete ihm aufgrund mündlicher Zusage
die Mietkosten für seine Wohnung. Nach der Kündigung verweigerte sie die
Fortsetzung dieser Übung unter Berufung auf die im Arbeitsvertrag
enthaltene Schriftformklausel. Nach dem Formulararbeitsvertrag bedürfen
Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sowie der Verzicht auf das
Schriftformerfordernis der Schriftform (doppelte Schriftformklausel). Der
Kläger begehrte daraufhin vor den Arbeitsgerichten von der Beklagten die
Übernahme der Mietkosten bis zur Beendigung des
Arbeitsverhältnisses. Das Bundesarbeitsgerichtes hat der Klage
stattgegeben. Arbeitgeberseitig vorformulierte Arbeitsvertragsklauseln sind
gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer
entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen
Geschäftsbedingungen (§ 305b BGB). Der Erstattungsanspruch des
Klägers folgt aus betrieblicher Übung.
Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung
LAG Rheinland-Pfalz 14.11.2007, Akz: 7 Sa 523/07:
Durch das wiederholte Ableisten von Überstunden auf Weisung des
Arbeitgebers wird das Arbeitsverhältnis nach Ansicht
des Landesarbeitsgerichtes trotzdem nicht von einer Teilzeitbeschäftigung
zu einem Arbeitsverhältnis auf Vollzeitbasis. Für die Umwandlung
einer Teilzeitstelle in eine Vollbeschäftigung sei stets das
Einverständnis beider Vertragsparteien notwendig.