Beiträge zum Stichwort »Arbeitsrecht«
Kündigungsschutzrecht
Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Akz: 1 Sa 118/06:
Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bei betriebsbedingter
Kündigung:
1. Die arbeitgeberseitige Prüfung von
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vor Ausspruch der betriebsbedingten
Kündigung beschränkt sich regelmäßig auf das
Unternehmen.
2. Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer
innerhalb einer Unternehmensgruppe sind in diese Prüfung einzubeziehen,
wenn der Arbeitgeber aus rechtlichen oder aus faktischen Gründen Einfluss
auf einen Einsatz des Arbeitnehmers in einem anderen Unternehmen hat und der
Arbeitnehmer in der Vergangenheit in Betrieben des anderen Unternehmens
tatsächlich eingesetzt wurde.
Personenbedingte Kündigung
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 18.1.2007, Akz: - 2 AZR 731/05
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Der Wegfall der Sozialversicherungsfreiheit eines Arbeitnehmers ist kein
personenbedingter Kündigungsgrund. Die Kündigung eines Arbeitnehmers
ist nach § 1 Abs. 2 KSchG dann sozial gerechtfertigt, wenn sie durch
Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.
Eine Auflösung des Arbeitsverhältnis soll dem Arbeitgeber
möglich sein, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung und
Fähigkeiten nicht mehr besitzt, um die geschuldete Arbeitsleistung ganz
oder zumindest zum Teil zu erbringen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese
Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht als erfüllt angesehen. Ein im
Gepäckdienst eines Grossflughafens angestellter Werkstudent war auf Grund
seiner überlangen Studiendauer nach den sozialversicherungsrechtlichen
Regelungen nicht mehr als Student sozialversicherungsfrei. Der Arbeitgeber
kündigte aus diesem Grund und scheiterte in allen Instanzen.
Änderungskündigung und Arbeitsrecht
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 01.02.2007 - AKZ: 2 AZR 44/06
Wenn der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausspricht und der
Arbeitnehmer das Änderungsangebot unter Vorbehalt annehmen will, so steht
ihm hierfür gemäß § 2 Satz 2 KSchG längstens eine
Erklärungsfrist von drei Wochen zur Verfügung. Diese gilt - wie bei
einer vorbehaltlosen Annahme - als Mindestfrist, auch wenn der Arbeitgeber eine
schnellere Antwort anfordert und daher eine zu kurze Frist setzt.
Der Kläger war bei der Beklagten als Energieanlagenelektriker
beschäftigt. Am 02.08.2004 sprach die Beklagte eine
Änderungskündigung zum 28.02.2005 mit dem Ziel aus, eine vereinbarte
Entfernungszulage zu streichen. Die sonstigen Arbeitsbedingungen sollten
unverändert fortbestehen. Das Kündigungsschreiben war
folgendermaßen formuliert: "Teilen Sie uns bitte umgehend mit, ob Sie mit
den geänderten Arbeitsbedingungen und mit der Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses über die Kündigungsfrist hinaus
einverstanden sind. Andernfalls endet das Arbeitsverhältnis mit
Fristablauf."
Der Arbeitnehmer hat weder eine Kündigungsschutzklage noch eine
Änderungsschutzklage eingereicht. Er nahm mit Schreiben vom 16.10.2004 -
der Beklagten am 02.11.2004 zugegangen - das Änderungsangebot an. Bereits
am 21.10.2004 teilte der Arbeitgeber dem Kläger jedoch mit, dass das
Arbeitsverhältnis wegen der Nichtannahme des Änderungsangebots
spätestens am 28.02.2005 enden werde. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer.
Das BAG gab der Beklagten nun in der Revisionsinstanz Recht. Sie hat eine
wirksame Annahmefrist nach § 148 BGB bestimmt. Da diese aber zu kurz
bemesen war, mußte sie lediglich an die gesetzliche Mindestfrist (3
Wochen) angepasst werden.
Betriebsvereinbarung und Heimarbeit
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Hamm vom
20.10.2006:
Laut LAG Hamm gilt eine Betriebsvereinbarung (die der Betriebsrat mit dem
Arbeitgeber ausgehandelt hat) im Zweifel für alle Mitarbeiter des
Betriebs, für die der Betriebsrat berechtigt ist, tätig zu werden.
Somit werden von der Betriebsvereinbarung auch in der Hauptsache für den
Betrieb arbeitende Heimarbeiter erfasst, sofern sie nicht in der
Betriebsvereinbarung ausdrücklich vom Geltungsbereich ausgenommen sind.
Arbeitszeugnisse, Unterschrift des Arbeitgebers
Ein interessantes Urteil vom 29.07.2005 des Landesarbeitsgerichtes
Nürnberg zu Arbeitszeugnissen:
1. Eine vom Arbeitgeber im Arbeitszeugnis verwendete überdimensionierte,
im Wesentlichen aus bloßen Auf- und Abwärtslinien bestehende
Unterschrift ist nicht ordnungsgemäß, wenn dadurch der Verdacht
aufkommen kann, der Arbeitgeber wolle sich von dem Zeugnisinhalt, zu dessen
Aufnahme in das Zeugnis er durch rechtskräftiges Urteil verpflichtet
worden ist, distanzieren.
2. Der Arbeitgeber wird durch die Beschränkung der Freiheit, eine
Unterschrift beliebig zu gestalten, nicht in unzumutbarer Weise in seinem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I GG) beeinträchtigt. Das
auf Art. 12 GG gestützte Interesse des Arbeitnehmers an der - durch
Vorlage eines ordnungsgemäßen Zeugnisses erleichterten -
Wiedererlangung eines Arbeitsplatzes ist gewichtiger.
Arbeitgeber, Arbeitszeugnis und Formulierungen
Arbeitsrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Weitere schöne Beispiele für Formulierungen in
Arbeitszeugnissen:
>> Wir lernten Ihn als umgänglichen Kollegen
kennen <<
Im Klartext: Viele Kolleginnen und Kollegen waren erleichtert als er freiwillig
ging oder gehen musste.
Folgende Formulierung ist auch nett:
>> Gegenüber Ihren Mitarbeitern war Sie
jederzeit eine verständnisvolle Vorgesetzte <<
Im Klartext: Die Mitarbeiterin zeigte in der Abteilung keinerlei
Durchsetzungsvermögen und wurde nicht respektiert.
Oder wie wäre es damit:
>> Er erledigte alle Aufgaben pflichtbewusst und
ordnungsgemäß <<
Im Klartext: der Arbeitnehmer ist ein Bürokrat ohne Eigeninitiative
Wenn Sie solche Phrasen in Ihrem Arbeitszeugnis vorfinden, sollten Sie einen
Rechtsanwalt konsultieren.
Noch zum Trost ein Hinweis: In oberen Hierarchieebenen sinkt die Bedeutung von
Arbeitszeugnissen rapide. Ab einem Bruttojahreseinkommen von ca. 200.000 -
250.000 Euro ist das Arbeitszeugnis so gut wie bedeutungslos.
Arbeitszeugnis und Geheimcodes
Arbeitsrecht - Rechtsanwalt Sehn - Arbeitsgericht Ludwigshafen:
Es kommt bei Formulierungen in Arbeitszeugnissen immer auf den Kontext an.
Einige Phrasen sollten jedoch auf gar keinen Fall im Arbeitszeugnis abgesetzt
und unkommentiert stehen. Hier kommt es bei der Beurteilung schon auf Nuancen
an. Ein Beispiel:
>> Er trat sowohl innerhalb als auch außerhalb unseres Unternehmens
engagiert für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ein
<<
Im Klartext: Der Arbeitnehmer war entweder Betriebsrat oder aktives Mitglied
einer Gewerkschaft ! Sehr wahrscheinlich ein K.O.-Kriterium für die
Bewerbung.
Arbeitsplatz und Extrem-Mobbing
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 18.1.2007, Akz: 8 AZR 234/06
Wenn ein Mitarbeiter einem anderen Arbeitnehmer durch Nötigungen und
Beleidigungen derart zusetzt, dass dieser von sich aus kündigt, so liegt
noch keine Verletzung des Rechts am Arbeitsplatz aus § 823 Abs. 1 BGB vor
und es besteht auch kein Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls
gemäß § 823 Abs. 2 BGB.
Zum Sachverhalt: Der Kläger war nach einer Körperverletzung durch
einen dritten Kollegen für einige Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Der
Beklagte - tätig als Personalverantwortlicher im gleichen Unternehmen -
rief ihn daraufhin telefonisch wiederholt zu Hause an und hinterließ auf
dem Anrufbeantworter Beschimpfungen wie „Schauspieler, Simulant, Hure,
Drecksack und Arsch". Außerdem brachte er den Kläger dazu, die
Strafanzeige gegen den Kollegen zurückzuziehen. Der Kläger
kündigte daraufhin entnervt und erhob Klage auf Ersatz des
Verdienstausfalls gegen den Personalverantwortlichen - ohne Erfolg.
Arbeitszeugnis und Arbeitsgericht Mannheim
Arbeitsrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Sofern in einem Unternehmen Laserdrucker mit hoher Qualität vorhanden
sind, muss das Unternehmen bei der Ausstellung der Arbeitszeugnisse auch auf
diese Laserdrucker zurückgreifen. Die Zeugnisse dürfen dann nicht mit
alten Tintenstrahldruckern und einem wesentlich schlechteren Druckbild
ausgefertigt werden.
Arbeitszeugnis, Zeugnissprache und Kontrolle
Arbeitsrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim:
Das Arbeitszeugnis sollte die Visitenkarte für eine neue Stelle sein.
Vermeintlich gute Zeugnisse mit versteckten, negativen Formulierungen erweisen
sich allzu häufig bei der Stellensuche als großes Hindernis. Der
Arbeitnehmer sollte daher das Arbeitszeugnis durch seinen Rechtsanwalt genau
überprüfen lassen.
Den folgenden Passus haben wir in der letzten Zeit in mehreren
Arbeitszeugnissen vorgefunden: "... Hervorzuheben ist seine (gemeint ist der
Arbeitnehmer) Fähigkeit zu tagesaktueller Recherche im Internet..."
Im Zusammenhang mit anderen negativen Formulierungen im Arbeitszeugnis soll
dadurch natürlich nicht die medientechnischen Fähigkeiten des
Mitarbeiters zum Ausdruck gebracht werden, sondern dass dieser während der
Arbeitszeit häufig privat im Internet "gesurft" hat.