Beiträge zum Stichwort »Arbeitsrecht«
Arbeitsrecht und Verdachtskündigung
Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 16.02.2007, Akz: 8 Sa 724/06
Der Arbeitnehmer (=Kläger) war seit 1977 in einer
Auto-Waschanlage beschäftigt. Nachdem eine Differenz zwischen der Zahl der
ausgegebenen Waschmünzen und den Einnahmen festgestellt wurde, kam der
Arbeitnehmer unter Verdacht. Die Arbeitgeberin kündigte dem Kläger
daraufhin wegen Verdachtes der Unterschlagung fristlos - hilfsweise wurde
eine ordentliche Kündigung ausgesprochen. Vor Gericht
hielt der Arbeitnehmer dagegen, dass auch andere Personen Zugang zu den
Waschmünzen hatten. Diese hätten die Münzen ebenfalls an sich
nehmen können - Dem LAG fehlten ebenfalls eindeutige Indizien für die
Straftat und die Kündigungen wurden einkassiert.
Vergleich und Kündigung
Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 29.08.2006, Akz: 6 Sa 72/06: Wer in einem Gespräch mit seinem Arbeitgeber oder einem sonstigen Vorgesetzten die Verhältnisse im Betrieb mit einem Konzentrationslager vergleicht, muss mit einer fristlosen Kündigung rechnen. Das Gericht jedenfalls hat die - gegen die nachfolgende Kündigung gerichtete - Kündigungsschutzklage abgewiesen.
Arbeitsrecht und Befristung
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 11.07.2007 (7 AZR 501/06): Ein
befristetes Arbeitsverhältnis kann sich gemäß
§ 15 Abs. 5 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) auf unbestimmte Zeit
verlängern, wenn
1. der Arbeitnehmer nach Ablauf der Zeit mit Wissen des Arbeitgebers
weiterarbeitet und
2. der Arbeitgeber der Weiterarbeit nicht unverzüglich widerspricht oder
dem Arbeitnehmer die Zweckerreichung nicht unverzüglich mitteilt.
Der Widerspruch kann auch vor Ablauf des befristeten Arbeitsvertrages bei
Verhandlungen über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
erklärt werden. In diesem Zusammenhang stellt die Ablehnung einer Bitte
des Arbeitnehmers auf einvernehmliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
einen Widerspruch gem. § 15 Abs. 5 TzBfG dar.
Betriebsverfassungsrecht
Beschluss des LAG Düsseldorf vom 26.01.2007, Akz: 17 TaBV 109/06
Der Betriebsrat des entleihenden Unternehmens hat kein Mitbestimmungsrecht aus
§ 99 BetrVG bei der Eingruppierung von Leiharbeitnehmern. Zum Beschluss
Streik und Tarifvertrag
Urteil des BAG vom 19. Juni 2007, Akz: 1 AZR 396/06
Das Bundesarbeitsgericht hat die Klage eines Druckereiunternehmens abgewiesen.
Dieses hatte von der Gewerkschaft "ver.di" Schadensersatz wegen eines
Unterstützungsstreiks verlangt. Das BAG war der Ansicht,
dass gewerkschaftliche Streiks, die der Unterstützung eines in einem
anderen Tarifgebiet geführten Hauptarbeitskampfes dienen, der durch
Art. 9 Abs. 3 GG (=Grundgesetz) gewährleisteten
Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften unterfallen. Den Koalitionen bleibt
die Wahl der Mittel überlassen, mit denen sie die Regelung von
Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge erreichen wollen.
Wie bei anderen Arbeitskampfmaßnahmen gilt aber auch beim
Unterstützungsstreik der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit. Er muss zur Unterstützung des
Hauptarbeitskampfs geeignet, erforderlich und angemessen sein.
Zustimmung des Integrationsamtes
Urteil des BAG vom 19. Juni 2007, Akz: 2 AZR 94/06
Schwerbehinderte Menschen können auch ohne vorherige Zustimmung des
Integrationsamtes gekündigt werden, z.B. wenn das Arbeitsverhältnis
zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung noch keine sechs
Monate ohne Unterbrechung bestanden hat (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX). Etwas
anderes gilt aber, wenn der Arbeitgeber die Unterbrechung selbst
herbeigeführt hat. So sind Zeiten eines früheren
Arbeitsverhältnisses mit dem gleichen Arbeitgeber anzurechnen, wenn das
weitere Beschäftigungsverhältnis in einem engen sachlichen
Zusammenhang mit dem ersten Arbeitsverhältnis steht. Dies beurteilt sich
u.a. nach Anlass und Dauer der Unterbrechung. Ferner von Bedeutung ist die Art
der Weiterbeschäftigung.
Direktionsrecht und Filmrolle
Urteil des BAG vom 13. Juni 2007, Akz: 5 AZR 564/06
Sachverhalt: die Klägerin hatte vertraglich eine
Filmrolle in einem Film übernommen. Nach dem zweiten Drehtag wurde das
Drehbuch geändert. Die Klägerin sollte nicht mehr die Schwägerin
und Freundin der Hauptdarstellerin, sondern deren alte Mutter spielen. Sie
dagegen wollte die Rolle jedoch nur in der vorherigen Fassung des Drehbuches
wahrnehmen. Resultat: Die Rolle wurde anderweitig besetzt. Die
Klägerin klagte auf Fortzahlung der Vergütung für weitere
13 Drehtage. Das BAG aber war anderer Ansicht - der 5. Senat des BAG war
der Meinung, dass die neue Drehbuchfassung den vertraglich fixierten Kern der
Filmrolle nicht geändert habe. Welche Arbeit der Arbeitnehmer zu erbringen
hat, bestimmt der Arbeitsvertrag. Der Arbeitgeber kann darin Inhalt und Umfang
der Arbeitsverpflichtung kraft seines Weisungsrechts (= Direktionsrecht)
festlegen. Daraus ergibt sich dann, ob ein Schauspieler Änderungen an
seiner im Arbeitsvertrag vorgesehenen Filmrolle hinnehmen muss.
Betriebsrente und Auskunftsanspruch
Urteil des BAG vom 22.05.2007 - 3 AZR 357/06:
Arbeitnehmer haben nach einem Betriebsübergang nur gegen den
Betriebserwerber Auskunftsansprüche wegen ihrer
Betriebsrente, nicht aber gegen den Veräußerer.
Ansprüche auf Auskunft gegenüber dem Veräußerer des
Betriebes können sich jedoch aus "Treu und Glauben" gem. § 242
BGB ergeben. Voraussetzung dafür ist:
1. es ist nicht oder nicht ohne besondere Erschwernisse möglich, beim
Erwerber eine zuverlässige Auskunft zu erhalten und
2. der Veräußerer kann diese Auskunft ohne größeren
Aufwand erteilen und
3. der Arbeitnehmer hat ein berechtigtes Interesse an der Auskunft (z.B. um
Ansprüche gegen den Erwerber durchzusetzen).
Abfindung und Vererblichkeit
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 10. Mai 2007 - 2 AZR
45/06:
Der Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG entsteht erst mit Ablauf der
Kündigungsfrist und ist deshalb vorher nicht vererblich. Zum Sachverhalt:
Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers
betriebsbedingt zum 30.04.2005. Gleichzeitig bot man dem Kläger eine
Abfindung nach § 1a KSchG in Höhe von 30.000 € an. Im
Hinblick auf die erteilte Abfindungszusage reichte der Arbeitnehmer keine
Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein. Kurz vor Ablauf der
Kündigungsfrist verstarb der Kläger jedoch. Seine Eltern verlangten
vom Arbeitgeber die versprochene Abfindung. Das BAG wies die Klage ab -
Begründung: Bei Eintritt des Erbfalles war der Abfindungsanspruch noch gar
nicht entstanden und konnte deshalb auch nicht auf die Eltern übergehen.
Teilzeitbeschäftigung
Urteil Bundesarbeitsgericht vom 08.05.2007 - Akz: 9 AZR 874/06
hat ein tarifgebundener, teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer den Wunsch
nach einer Arbeitszeitverlängerung im Betrieb angezeigt, so ist er bei der
Besetzung eines freien Arbeitsplatzes - wenn er die gleiche Qualifikation
besitzt - bevorzugt vor externen Bewerbern zu berücksichtigen. Dies gilt
auch, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsstelle "tariffrei" vergeben will.