Beiträge zum Stichwort »Sozialrecht«
Arbeitslosigkeit und Urlaubsanspruch
Arbeitslosenrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim:
Leistungsbezieher von Arbeitslosengeld I und II haben Anspruch auf 3 Wochen
Urlaub im Kalenderjahr und müssen in diesem Zeitraum der
Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehen. Natürlich muss dieser
Anspruch - wie auch in jedem Arbeitsverhältnis - angemeldet werden. In den
ersten 3 Monaten der Arbeitslosigkeit besteht allerdings eine Wartezeit.
Widerspruch und Anhörung
Sozial-/Sozialversicherungsrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Folgende Vorgehensweise wird in der letzten Zeit bei der Arbeitsverwaltung
immer häufiger praktiziert (z.B. bei Minderung des Arbeitslosengeldes
wegen Nichtannahme einer Arbeitsstelle). Es ergeht ein Bescheid, der in
Rechtspositionen des Bürgers eingreift und es erfolgt vorab keine
Anhörung des Betroffenen zum vorgefallenen Sachverhalt. Hier sollte die
Behörde - notfalls durch Einschaltung eines Rechtsanwaltes - daran
erinnert werden, dass im Gesetz zwingend eine Anhörung vorgesehen ist. Der
Bürger soll die Gelegenheit erhalten, die konkreten Umstände des
Falles aus seiner Sicht zu schildern.
In aller Regel erfolgt aber eine Heilung des Verfahrensfehlers im
Widerspruchverfahren oder der alte Bescheid wird zurückgenommen und durch
einen weiteren, neuen Verwaltungsakt ersetzt.
Hartz IV und Klageflut
Das Bundessozialgericht hat seine Jahresbilanz für 2006 vorgestellt. Bei
den Sozialgerichten wurden ca. 116.000 Klagen gegen die Arbeitsmarktreform
eingereicht. Bei einigen Sozialgerichten war das jede zweite Klage, die
eingegangen ist. Das oberste deutsche Sozialgericht will nun sogar die Zahl
seiner Richter erhöhen, um mit der Klageflut fertig zu werden. Im Sommer
2007 soll wahrscheinlich ein eigener Senat mit drei neuen Richtern geschaffen
werden.
Das Bundessozialgericht ist unter den fünf obersten Gerichtshöfe der
Bundesrepublik Deutschland das jüngste Gericht. Heute arbeiten beim BSG 40
Richter und 190 Mitarbeiter. Pro Jahr hat es etwa 3.000 Verfahren von den
Sozialgerichten und Landessozialgerichten als Schlussinstanz zu entscheiden.
Die 13 Senate treffen Entscheidungen und lösen Streitfragen im
Arbeitslosenrecht, Sozialhilferecht, Krankenversicherungsrecht, Rentenrecht und
Unfallversicherungsrecht. Ein Senat des BSG besteht aus mindestens drei
Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern.
Arbeitlosenrecht und Datenschutz
Sozialrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Sollte eine Behörden mit Ihren persönlichen Daten fahrlässig
umgegangen sein, so können Sie sich an den Bundesbeauftragten für
Datenschutz wenden:
Friedrich-Ebert-Str.1, 53173 Bonn - poststelle@bfd.bund.de
Arbeitsagentur, Arbeitslosenrecht, Vermittlungsformular
Sozialrecht - Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Sie erhalten Stellenangebote der Arbeitsagentur in der Regel in Form eines
Vermittlungsformulars. Gelegentlich werden Sie auch mündlichaufgefordert,
sich bei einem Arbeitgeber zu bewerben. Sie sollten darauf bestehen, dass
dieses Vermittlungformular vollständige Angaben zu der angebotenen Stelle
enthält. Nur so können Sie überprüfen, ob die angebotene
Arbeitsstelle Ihnen tatsächlich zumutbar ist.
Es reicht nicht aus, wenn der Vermittler Ihnen die fehlenden Informationen
mündlich erläutert. Sollten Sie die Stelle später ablehnen, so
müssen Sie mit einer Sperrzeit rechnen. Die mündlichen,
zusätzlichen Angaben des Vermittlers sind dann nur schwer nachweisbar und
Sie geraten möglicherweise vor Gericht in Beweisschwierigkeiten.
Denken Sie daran, der Arbeitgeber erhält eine Kopie des Stelleangebotes
zusammen mit Ihrem Namen und Ihrer Anschrift. Auf deren Rückseite soll der
Arbeitgeber der Arbeitsagentur Auskunft über das Ergebnis des
Bewerbungsgesprächs erteilen. Sie haben nach dem SGB X das Recht, die
Antwort des Arbeitgebers einzusehen. Sollten Sie mit dessen Angaben auf der
Rückseite des Vermittlungsformulars nicht einverstanden sein, so
können Sie eine Gegendarstellung abgeben. In dieser Gegendarstellung
können Sie dann angeben, wieso es nicht zum Abschluss eines
Arbeitsvertrages gekommen ist.
ALG II, Vermögensanrechnung und Sparbuch der Kinder
Auf den Namen minderjähriger Kinder eingerichtete Sparbücher müssen nicht verwertet werden, selbst wenn die tatsächliche Verfügungsmacht nach § 808 BGB noch bei den Eltern liegt (OVG Lüneburg vom 3.9.1999; OVG/ Niedersachsen, Urteile vom 24.2.2004). Solange die Eltern das Eigentum der Kinder respektieren, ist das Ersparte der Kinder sicher. Findet jedoch ein Kontozugriff durch die Eltern statt, entfällt die Zuordnung des Eigentums zum Kind und das Amt rechnet den Sparbuchbetrag dem Vermögen der Eltern zu.
ALG II, Vermögensanrechnung und Hausgrundstück
Zunächst muss das Privatvermögen - bis auf bestimmte Freibeträge
- aufgebraucht werden, dann kann ALG II in Anspruch genommen werden. Dabei
spielt es keine Rolle, ob sich das Vermögen im Ausland oder Inland
befindet. Auch ein Hausgrundstück in der Türkei und in Griechenland
muss daher zunächst verwertet werden - es sei denn, es handelt sich um
Schonvermögen.
Krankenkasse, Beitragspflicht und Erbschaft
Urteil Sozialgericht Koblenz vom 5.10.2006 (S 11 KR 537/05)
Eine Krankenkasse darf bei einem freiwillig versicherten Mitglied ohne
gesetzliche oder satzungsmäßige Regelung eine Erbschaft nicht der
Beitragspflicht unterwerfen.
Der Kläger war bei der Krankenkasse freiwillig krankenversichert. Er
zahlte, da er über kein eigenes Einkommen verfügte, den
Mindestbeitrag in der Krankenversicherung. Aufgrund einer Erbschaft erhielt der
Kläger einen Betrag in Höhe von ca. 43.000 €. Die Krankenkasse
setzte daraufhin in einem Beitragsbescheid für die Zeit vom 01.06.2005 bis
31.05.2006 den Monatsbeitrag auf 468 € fest. Das SG Koblenz war anderer
Meinung und hat den Beitragsbescheid aufgehoben. Da die Heranziehung der
Erbschaft bei der Beitragszahlung einen Vermögensverzehr bedeuten
würde, ist - auch im Hinblick auf das im Grundgesetz geschützte
Erbrecht - eine ausdrückliche gesetzliche oder satzungsmäßige
Regelung erforderlich.
Arbeitslosengeld I, Ausland und E 303
Nein - E 303 ist kein Geschmacksverstärker bei Lebensmitteln, sondern ein Antragsformular der Arbeitsagentur. Hintergrund: Wenn Sie als deutscher Arbeitsloser im EU- oder EWR-Ausland (z.B Spanien) auf Arbeitssuche gehen wollen, dann können Sie dies tun, ohne den Anspruch auf Arbeitslosengeld I zu verlieren. Sie müssen gegenüber der Arbeitsagentur erklären, dass Sie sich zur Arbeitssuche in das gewünschte Land begeben wollen. Sie können dann - wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind - Ihren Arbeitslosengeldanspruch auf drei Monate in Ihr Wunschland mitnehmen. Dasselbe gilt für ausländische Arbeitslose, die sich in Ihrer Heimat auf Arbeitssuche begeben wollen. - Bitte beachten Sie: ein solcher Schritt erfordert eine umfassende Beratung durch die Arbeitsagentur und eine eigene sorgfältige Planung !
Weihnachtsfeiern und Alkohol
Urteil SG Frankfurt am Main – Az. S 10 U 2623/03 –
Betriebliche Weihnachtsfeiern sind als „Dienstzeit“ anzusehen. Es
besteht somit während dieser Zeit betrieblicher Unfallschutz. Zum
Sachverhalt: ein Verwaltungsangestellter war während der Weihnachtsfeier
seiner Behörde stark alkoholisiert eine Treppe hinabgestürzt.
Er zog sich dabei ein Schädel-Hirn-Trauma zu. Die gesetzliche
Unfallversicherung verweigerte dem Geschädigten Leistungen. Ihre
Begründung war, dass die offizielle Weihnachtsfeier bereits beendet
gewesen sei. Die letzten Gäste der Amtsleiter, der
Gaststättenpächter und der Verwaltungsangestellte seien nur noch im
Rahmen eines privaten Treffens anwesend gewesen. Das Sozialgericht entschied
dagegen: eine Weihnachtsfeier ist eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung,
die bis zu ihrem offiziellen Ende unter dem Schutz der Unfallversicherung
steht. Ein offizielles Ende der Veranstaltung hat es zwar nicht gegeben, jedoch
konnten die restlichen Gäste von einer Fortdauer der Veranstaltung
ausgehen, solange der vorgesetzte Amtsleiter noch anwesend war.