Beiträge zum Stichwort »Sozialrecht«
Arbeitslosengeld und Arbeitsbescheinigung
Wer kennt das Problem nicht. Das Arbeitsverhältnis ist zerrüttet, der
Arbeitgeber spricht die Kündigung aus, eine Kündigungsschutzklage
beim Arbeitsgericht wird eingereicht und der Arbeitgeber denkt gar nicht daran
die Arbeitsbescheinigung auszufüllen. Die Arbeitsagentur wiederum verweist
Sie an den Arbeitgeber und lässt die Bearbeitung Ihres Alg-Antrages
solange ruhen. Der Arbeitslose ist letztendlich der Leidtragende, denn Ihm
steht finanziell für eine Übergangszeit das Wasser bis zum
Hals.
1. Müssen Sie befürchten, dass der Arbeitgeber Ihnen Schwierigkeiten
bereiten möchte und die Arbeitsbescheinigung nur verzögert erstellt -
dann: Abschicken der Arbeitsbescheinigung und Aufforderungsschreiben per
Einschreiben mit Rückschein. Das kostet ca. 2 €, hat aber den
Vorteil, dass Sie den Zugang in einem eventuell anstehenden
Schadensersatzprozess beweisen können.
2. Lassen Sie sich bei der Arbeitsagentur nicht abweisen. Die AA muss sich
ebenfalls um die unverzügliche Beibringung der Arbeitsbescheinigung durch
den Arbeitgeber kümmern. Sie hat insofern eine Ermittlungspflicht.
Außerdem verfügt die AA beim Arbeitgeber auch über die
notwendige Überzeugungskraft (Androhung einer Geldbuße bis 2.000
€ und Androhung von Schadensersatzforderungen). Ihr letzter Arbeitgeber
wird sich sehr wahrscheinlich nicht mit der Arbeitsagentur anlegen.
3. Sollte auch das nichts helfen, dann müssen Sie den Arbeitgeber auf
Erteilungen oder Abänderung der Arbeitsbescheinigung verklagen. Bitte
achten Sie darauf, dass hierfür unterschiedliche Gerichte zuständig
sind !
Behörden, Ausländer und Sprachbarrieren
Gem. § 19 SGB X müssen Anträge, Widersprüche und Klagen bei
Behörden in deutscher Sprache eingereicht werden, da die Amtssprache
Deutsch ist. Aber es gibt Ausnahmen: Überstaatliches Recht erlaubt die
Abfassung bestimmter Dokumente in der Muttersprache. Die Arbeitsagentur muss in
diesen Fällen einen Dolmetscher oder Übersetzer stellen oder
bezahlen. Dies gilt für alle Arbeitslose aus Ländern der EWG (nahezu
deckungsgleich mit den EU-Staaten), aus Länder des EWR (Island,
Liechtenstein, Norwegen), aus der Schweiz, aus der Türkei und für die
Nachfolgestaaten von Jugoslawien (Kroatien, Serbien, Slowenien, Kosovo,
Bosnien-Herzegowina, Makedonien). Eventuelle Sprachbarrieren dürften somit
hinfällig sein.
Arbeitslosengeld II und Arbeitsgelegenheit
Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 02.10.2006:
Das Amt hatte den Hilfebedürftigen darüber informiert, dass ihm
Gelegenheit zu einer im öffentlichen Interesse liegenden und
zusätzlichen Arbeit gegeben werde. Er wurde aufgefordert sich bei der
Beschäftigungsstelle zur Arbeitsaufnahme einzufinden. In der
Aufforderung war der Name, Telefonnummer, die Hausanschrift des
Ansprechpartners beim zukünftigen Arbeitgeber und eine kurze, wenig
präzise Tätigkeitsbezeichnung angegeben. Der Arbeitgeber teilte dem
Jobcenter mit, dass der Hilfebedürftige mit einer deutlichen
Alkoholfahne in der Einrichtung erschienen sei und immer wieder darauf
hingewiesen habe, er sei zu diesem Gespräch gezungen worden. Arbeiten
würde er nur mit "sehr schlechter Laune" ausführen. Der ALG
II-Träger kürzte daraufhin die SGB II-Leistungen für insgesamt
drei Monate um 30 Prozent. Das Landessozialgericht entschied jetzt, dass
die Kürzung rechtswidrig war. Bei der Heranziehung zu
gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit muss die Arbeitsgelegenheit
genau bestimmt sein. Insbesondere muss die Art der Arbeit, ihr
zeitlicher Umfang und ihre zeitliche Verteilung sowie die Höhe der
angemessenen Entschädigung für Mehr- aufwendungen genau bezeichnet
sein. Diesen Anforderungen des Gerichtes entsprach die
Arbeitsaufforderung nicht.
Hartz IV und Mietschulden
Sowohl nach dem SGB II als auch nach dem SGB XII besteht die Möglichkeit
der Übernahme von (Alt-)Mietschulden durch den Leistungsträger. Diese
Leistung liegt normalerweise im Ermessen des Amtes. Droht dem
Hilfebedürftigen dagegen die Kündigung und die Räumungsklage
wegen der Mietrückstände, so muss der Sozialhilfeträger die
Mietschulden übernehmen, wenn ansonsten Wohnungslosigkeit eintreten
sollte.
Hartz IV und an wen sind die Mietkosten auszuzahlen ?
Sollte der Leistungsträger die Miet- und Nebenkosten direkt an den
Vermieter überweisen wollen, so können Sie sich hiergegen erfolgreich
zu Wehr setzen. Eine derartige Verwaltungspraxis ist für den
Hilfebedürftigen diskriminierend und i.d.R auch nicht zulässig.
Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Auszahlung der Leistungen für
Unterkunft und Heizung an den Hilfebedürftigen. Direkt an den Vermieter
soll das Amt nur dann zahlen, wenn die zweckentsprechende Verwendung der Gelder
durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist.
Hartz IV und zu teuere Wohnung
Wohnt der Hilfebedürftige zu Beginn seines ALG II-Leistungsbezuges in einer zu teueren Wohnung, so sind die unangemessen hohen Kosten so lange von Amt zu tragen, bis es dem Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft möglich und zuzumuten ist, diese durch Untervermietung oder Umzug in eine günstigere Wohnung zu senken. Dieser Bestandsschutz gilt für längstens 6 Monate. Nach Ablauf der 6 Monate sind vom Amt jedoch nur noch die Kosten einer angemessenen Wohnung zu bezahlen.
Arbeitslosengeld II und Wohnungsbeschaffungskosten
Folgende Kosten können im Rahmen des SGB II vom Amt noch übernommen werden. Es handelt sich dabei um Ermessensleistungen bei vorheriger Zusicherung (die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug notwendig war):
- Maklerkosten, wenn die Anmietung der neuen Wohnung zwingend und ohne Einschaltung eines Maklers nicht zu bewerkstelligen war.
- Abstandszahlungen
- Anfangsrenovierung
- Doppelte Mietaufwendungen (z.B. wegen 3 monatiger Kündigungsfrist)
- Mietkaution - allerdings nur als Darlehen vom Amt
- Umzugskosten, i.d.R. wird jedoch erwartet, dass der Hilfebedürftige den Umzug selbst vornimmt. Daher werden hauptsächlich Aufwendungen für Umzugswagen und Umzugskartons, usw. erstattet.
Hartz IV und Wohnfläche
Folgende Wohfläche ist nach dem SGB II für die Hilfebedürftigen angemessen:
- eine Person 45-50 qm
- zwei Personen 60 qm
- drei Personen 75-80 qm
- vier Personen 85-90 qm
- jede weitere Person 10-15
qm
Arbeitslosengeld II und Mietwohnung
Sie haben zunächst einmal Anspruch auf diejenigen laufenden und einmaligen
Leistungen, die zur Deckung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft
notwendig sind (z.B. Mietzins, Nebenkosten gem. Betriebskostenverordnung) -
soweit sie angemessen sind.
Welche Kosten vom ALG II-Kostenträger sonst noch übernommen werden,
ist abhängig vom Mietvertrag. Sind dort Mietnebenkosten zwingend
vereinbart, die normalerweise nicht dem notwendigen Lebensunterhalt zuzurechnen
sind (z.B. Kosten eines Kabelanschlusses) so müssen diese ebenfalls vom
Amt getragen werden.
Wird mit der Wohnung untrennbar noch ein PKW-Stellplatz vermietet, so
müssen auch diese im Mietzins enthaltenen Kosten vom Amt getragen werden,
wenn die Aufwendungen nicht durch Untervermietung vermieden oder verringert
werden können.
Arbeitslosengeld II und Mehrbedarf
Wir weisen daraufhin, dass Hilfebedürftige neben der Regelleistung (max. 345 €) noch Anspruch auf Mehrbedarfzuschlag in folgenden Fällen haben:
- Mehrbedarfzuschlag für werdende Mütter (17%)
- Mehrbedarfzuschlag für Alleinerziehende (bis zu 36%)
- Mehrbedarfzuschlag für behinderte Menschen (35%)
- Mehrbedarfzuschlag für krankheitsbedingte kostenaufwändige
Ernährung
(z.B: Colitis ulcerosa, Diabetes mellitus Typ I, Diabetes mellitus Typ IIa,
HIV-Infektion / Aids, Hyperlipidämie, Hypertonie, Hyperurikämie,
Krebs, Leberinsuffizienz, Morbus Crohn, Multiple Sklerose, Neurodermitis,
Niereninsuffizienz, Niereninsuffizienz mit Hämodialysebehandlung, Ulcus
duodeni - Zwölffingerdarmgeschwür, Ulcus ventriculi -
Magenwandgeschwür, Zöliakie / Sprue)