Beiträge zum Stichwort »Sozialrecht«
Hartz IV, Vermögen und Kfz
Urteil des Bundessozialgerichtes vom 06.09.2007, Akz: B 14/7b AS 66/06 R:
Diese Entscheidung des BSG erhöht die Wertgrenze der Kraftfahrzeuge von
Hartz IV-Empfängern auf 7.500 €. Liegt der Verkehrswert des
Fahrzeuges unter diesem Grenzbetrag, dann ist der PKW "angemessen" und
nicht als Vermögen nach § 12 SGB II zu berücksichtigen.
Arbeitslosengeld II und Unfallversicherung
Urteil des BSG vom 05.09.2007, Akz: B 11b AS 15/06 R:
Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (SGB VII) ist als Einkommen
beim Arbeitslosengeld II zu berücksichtigen. Beide
Leistungen dienen nach Ansicht des BSG vorrangig der Bestreitung des
täglichen Lebensunterhaltes. Der Kläger hatte einen Arbeitsunfall und
erhielt deswegen eine Teilverletztenrente aus der gesetzlichen
Unfallversicherung. Die Anrechnung der Verletztenrente als Einkommen durch die
Arbeitsgemeinschaft (ArGE) sei zulässig.
Jobangebot, Unzumutbarkeit und Sperrzeit
Urteil LSG Niedersachsen vom 14.06.2007, L 12 AL 127/06
Eine allgemein nach statistischen Erhebungen erhöhte Häufigkeit
für Überfälle im Bereich von Spielhallen ist nicht ausreichend,
um eine Unzumutbarkeit einer Beschäftigung zu
begründen.
Die Ablehnung einer Tätigkeit als Spielhallenaufsicht wegen
Überfallgefahr (ohne konkreten Anlass) wird zum Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen unter gleichzeitiger
Aufhebung der Leistungsbewilligung durch die Arbeitsagentur führen
- eine andere Beurteilung ist möglich, wenn die
Spielhalle nachweisbar schon Ziel eines Raubüberfalles war.
Elternzeit und Arbeitslosengeld
Urteil des Sozialgerichtes Stuttgart vom 26.04.2007, Akz: S 14 AL 5866/06
Nach einer Elternzeit droht unter Umständen ein
niedrigeres Arbeitslosengeld I -
Die Klägerin war bis August 2003 als Bürokauffrau beschäftigt.
Ab Geburt ihres Sohnes war sie in der Elternzeit bis zum 31.12.2005. Zeitgleich
wurde das ruhende Arbeitsverhältnis mit ihrem Arbeitgeber durch
Aufhebungsvertrag beendet. Danach meldete sie sich bei der
Agentur für Arbeit arbeitslos. Diese bewilligte allerdings nur ein
Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines fiktiven
Arbeitsentgelts in Höhe eines täglichen Bemessungsentgelts von 52,35
Euro. Dagegen klagte die Mutter vor dem Sozialgericht Stuttgart. Dieses teilte
die Einschätzung der Agentur für Arbeit und wies die Klage ab. Der
für die Berechnung des Arbeitslosengeldes maßgebliche
Bemessungszeitraum umfasst höchstens zwei Jahre. Er endet mit dem letzten
Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des
Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Da hier während der Elternzeit kein
Arbeitsentgeltanspruch bestanden hat, muss das Arbeitslosengeld eben fiktiv
festgesetzt werden - das Urteil sollte auf jeden Fall in
der Berufungsinstanz überprüft werden.
Widerspruch und eMail
Hessisches Landessozialgericht 31. Juli 2007; Akz: L 9 AS 161/07
Ein Arbeitsloser aus Hessen hat bei seinem Leistungsträger Widerspruch
gegen eine Minderung seiner ALG 2-Bezüge eingelegt. Der Widerspruch ging
aber nur in Form einer einfachen eMail bei der Behörde ein. Nach Ansicht
des Gerichtes wäre der Widerspruch nur dann formgerecht gewesen, wenn er
mit einer elektronischen Signatur gekennzeichnet worden wäre. Der Absender
einer eMail sei nur auf diese Weise sicher zu identifizieren. Der Widerspruch
war also in dieser Form unzulässig. - Achtung: In
Baden-Württemberg gibt es die Möglichkeit des elektronischen
Rechtsverkehres noch nicht.
Kontoabfrage durch die Sozialbehörde
Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 13.06.2007:
Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass die Vorschriften zur
automatischen Kontenabfrage zumindest teilweise gegen den
verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz verstossen. Der Gesetzgeber
erhält eine Frist zur verfassungsgemäßen Neuregelung bis zum
31.5.2008. Klargestellt wurde in diesen Zusammenhang auch noch einmal:
1. § 93 Abs. 7 und 8 AO (Abgabenordnung) ermächtigt die Gerichte,
Steuerbehörden und Sozialbehörden nur zur automatisierten Abfrage
bestimmter Kontostammdaten von Bankkunden und Verfügungsberechtigter, z.B.
Name, Geburtsdatum, Kontonummern und Depots. Kontostände
und Kontobewegungen können auf diese Art nicht abgefragt
werden. Diese Daten muss sich die Behörde auf Grundlage anderer
Ermächtigungsgrundlagen besorgen.
2. Die Kontenabrufe stehen unter dem Gebot der Erforderlichkeit. Die Normen
erlauben Kontenabrufe nur im Rahmen konkreter Verdachtsmomente.
Routinemäßige oder anlasslose Abrufe "ins Blaue hinein" sind danach
unzulässig.
Hartz IV und Grundeigentum
Urteil des Sozialgerichtes Koblenz vom 03.05.2007, Akz: S 11 AS 187/06
Der Leistungsempfänger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)
hat die Pflicht vor Inanspruchnahme von Leistungen sein eigenes Vermögen
aufzubrauchen. Es sei denn, es handelt sich dabei um
Schonvermögen oder die Freibeträge
sind noch nicht aufgebraucht. Ob ein selbst bewohntes Einfamilienhaus als
Vermögen zu verwerten ist, richtet sich nach Ansicht des SG Koblenz nicht
nach der Wohnfläche, sondern nach dem Verkehrswert des Hauses.
- **** Das Urteil hat aber noch keine Rechtskraft !
SGB II und Einkommen
Urteil SG Karlsruhe vom 07.02.2007, Akz: S 5 AS 3454/06
Zuwendungen von Verwandten, die zur Vermeidung einer Notlage des
Hilfebedürftigen gewährt werden, sind nicht als
Einkommen im Sinne des § 11 SGB II zu
berücksichtigen. Die Behörde kann daher die Sozialleistungen nicht
unter Hinweis auf die durch Verwandte erbrachte Unterstützung verweigern.
Hartz IV und Krankenhaus
Urteil des SG Mannheim vom 28.2.2007, Akz: S 9 AS 3882/06:
Die Verpflegung, die dem Kläger im Krankenhaus zur Verfügung gestellt
wird, stellt keine geldwerte Einnahme dar. Erforderlich für die Anrechnung
ist nämlich, dass die entsprechende Sachleistung marktfähig ist. Dies
folgt schon aus dem zitierten Gesetzeswortlaut, wonach nur solche
Sacheinnahmen, die einen Geldwert haben, anrechnungsfähig sind. Zum
anderen vermehrt sich das Vermögen des Klägers
nicht, wenn er die im Krankenhaus angebotenen Mahlzeiten nicht wahrnimmt. Dem
Kläger fehlt insoweit jede Möglichkeit, die entsprechenden Speisen zu
versilbern. - ** Die Regelleistung nach dem SGB II darf
daher von der Behörde nicht mit der Begründung abgesenkt werden, im
Krankenhaus werde eine kostenfreie Verpflegung zur Verfügung
gestellt.
Rückforderung und Vertrauensschutz
Urteil des Landessozialgerichtes Hessen (=Darmstadt), Akz: L 9 AS 33/06
Hat der Zusammenschluss aus Arbeitsagentur und Kommune (GFA, Jobcenter oder
ARGE) gegenüber arbeitslosen Hilfeempfängern ein
Rückforderungsrecht wegen zuviel gezahlter Leistungen, dann darf sich
dieser Anspruch ausschließlich an eine konkrete Person richten, nicht
aber an die gesamte Bedarfsgemeinschaften. Begründung: Es
gibt keine Gesamtansprüche von Bedarfsgemeinschaften, sondern immer nur
individuelle Ansprüche der Mitglieder der BG. Rückforderungen
können deshalb auch nie gegen die gesamte BG geltend gemacht werden. -
Schön anzusehen war die weitere Verbreitung des Urteils im Internet.
Innerhalb kürzester Zeit war und ist auf zahlreichen Foren
sinngemäß zu lesen: "Im Übrigen verneinten die
Darmstädter Richter vorliegend generell einen Rückforderungsanspruch
(der Behörde gegenüber dem Hilfebedürftigen) für die
Vergangenheit" Zu schön um wahr zu sein !! - wir haben das Urteil
sofort bei Gericht angefordert und wurden leider enttäuscht. Das Gericht
hat sich lediglich intensiv mit § 45 SGB X und der Frage,
wann der Rückforderung von Leistungen auf Seiten des Bürgers ein
Vertrauensschutz entgegensteht, beschäftigt. Im
Einzelfall kam das Gericht dabei zu dem Ergebnis, dass der Vertrauensschutz des
Leistungsempfängers überwiegt ! - So schnell
verbreitet sich Unsinn ! In der Tat ist dieses Rechtsproblem in der Praxis
häufig anzutreffen. Die Behörden gehen sehr schnell von einer
Kenntnis oder einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Bürgers im
Hinblick auf die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes/Bescheides aus.
Häufig wird daher zu Unrecht die Rückerstattung von Leistungen
gefordert.