Beiträge zum Stichwort »Sozialrecht«

Mittwoch, 26. Dezember 2007

Unfallversicherung und Verletztengeld

Urteil des Landessozialgerichtes Hessen vom 23. Oktober 2007, Akz.: L 3 U 24/07:
Bei der Berufsgenossenschaft versicherte Arbeitnehmer erhalten nach einem Arbeitsunfall - für die Dauer von maximal 78 Wochen - Verletztengeld. Kann nicht mit einer Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit in dem bisherigen Beruf gerechnet werden und kommt auch keine berufsfördernde Maßnahme in Betracht, so kann die Zahlung des Verletztengeldes auch vor Ablauf der 78-Wochenfrist beendet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Versicherte auf einen zumutbaren anderen Arbeitsplatz verwiesen werden kann. Zum Sachverhalt: Der Kläger war im Baugewerbe beschäftigt und hat einen schweren Berufsunfall erlitten. Eine weitere Tätigkeit als Bauarbeiter war daher auf Dauer unmöglich. Die BG stellte nach fünf Monaten die Zahlung des Verletztengeldes ein und verwies den Mann auf einfache Helfertätigkeiten am allgemeinen Arbeitsmarkt. Aber: Nach Auffassung des LSG ist ein allgemeiner und unspezifischer Verweis auf den Arbeitsmarkt als Begründung für die Streichung des Verletztengeldes unzulässig. Soll das Verletztengeld nicht mehr gezahlt werden, so muss dem Versicherten nicht nur eine zumutbare, sondern auch eine tatsächlich zur Verfügung stehende Tätigkeit nachgewiesen werden. Die Tätigkeit muss darüber hinaus gleichartig und als wirtschaftlich gleichwertig anzusehen sein. Die Revision gegen die Entscheidung wurde nicht zugelassen - ***

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Mittwoch, 12. Dezember 2007

Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

Der Bundestag hat am 16.11.07 eine Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung beschlosssen. Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sinken für Arbeitnehmer und Arbeitgeber von 4,2 % auf 3,3 % ab dem Jahre 2008.  Dies ist die zweite Absenkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung innerhalb eines Jahres (Ende 2006 noch 6,5 %).
Ferner wurde beschlossen, dass ältere Arbeitnehmer wieder länger Arbeitslosengeld I erhalten sollen. Arbeitslose ab 50 Jahren erhalten künftig 15 Monate (bisher 12 Monate) lang das aus der Arbeitslosenversicherung bezahlte Arbeitslosengeld I (bei 30 Monaten Vorversicherungszeit). Über 55-Jährige können bis zu 18 Monate und über 58-Jährige bis zu 24 Monate ALG I-Leistungen erhalten. Außerdem wird ein Eingliederungsgutschein (die Arbeitsagentur zahlt einen Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber, wenn er den Arbeitslosen für mindestens ein Jahr einstellt) für über 50-jährige Arbeitslose eingeführt.

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Donnerstag, 22. November 2007

Krankenversicherung und Bildtelefon

Urteil des Hessisches Landessozialgericht vom 19.04.2007, Akz: L 1 KR 219/05:
Sachverhalt: das gehörlose Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse hatte die Kostenübernahme eines Bildtelefons beantragt. Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Das Bildtelefon ist nach Ansicht des Landessozialgericht für die Befriedigung kommunikativer Grundbedürfnisse nicht erforderlich. Der Kläger besitze ein Faxgerät und könne eMails und SMS verschicken. Außerdem könne der Kläger auch eine Webcam erwerben. Diese sei wesentlich günstiger als ein Bildtelefon. Ob die Krankenkasse dann die Kosten einer Webcam übernehmen muss, bleibt in dem Urteil ungeklärt.

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Donnerstag, 22. November 2007

Krankenkassen und Hilfsmittel

Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 26.10.2007, Akz: L 4 KR 5486/05 (Vorinstanz SG Karlsruhe): die gesetzliche Krankenkasse hat einer blinden Versicherten einen Blindenführerhund als Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Die Kosten trägt die Krankenkasse.

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Mittwoch, 21. November 2007

Finanzamt und Arbeitsagentur

Beschluss des Bundesfinanzhofes vom 04.10.2007, Akz: VII B 110/07
Leitsatz der Entscheidung:
"Die Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Verhältnisse zur Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Rückforderung von Arbeitslosengeld setzt nicht voraus, dass die Finanzbehörde festgestellt hat, dass die Kenntnis der zu offenbarenden Tatsachen die Rückforderung rechtfertigt oder mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit rechtfertigen wird; ausreichend ist insofern, dass die Tatsachen für die Durchführung eines solchen Verwaltungsverfahrens überhaupt geeignet sind."
Zum Sachverhalt: Der Antragsteller hat zwischen 2002 und 2004 Arbeitslosengeld erhalten. Bei einer Außenprüfung stellte das Finanzamt erhebliche Einkünfte des Antragsstellers aus freiberuflicher Tätigkeit und aus Gewerbebetrieb in genau diesem Zeitraum fest. Dieses Ergebnis sollte der Arbeitsagentur durch das Finanzamt mitteilt werden. Der Antragsteller wollte dies mit einer einstweiligen Verfügung - gerichtet gegen das Finanzamt - verhindern und ist damit in allen Instanzen gescheitert.
Klartext:
Die Finanzbehörden dürfen die im Besteuerungsverfahren erlangten Informationen (z.B. über Einkünfte, die neben dem Arbeitslosengeld bezogenen wurden) an die Arbeitsverwaltung weitergeben. Ein konkreter Verdacht eines Leistungsmissbrauchs ist dafür nicht erforderlich - d.h. die Finanzämter müssen nicht selbst überprüfen, ob der Leistungsempfänger und Steuerpflichtige das Arbeitslosengeld rechtswidrig erlangt hat. - Die Entscheidung ist nachvollziehbar, da die Finanzverwaltung nicht über die Möglichkeiten verfügt, selbst die Leistungsberechtigung des ALG-Empfängers zu überprüfen. Diese rechtliche Kontrolle kann nur durch die Arbeitsverwaltung erfolgen. Allerdings bleibt ein Datenschutz vollkommen auf der Strecke. 

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Dienstag, 13. November 2007

Sperrzeit und Durchführungsanweisung

1. Die Bundesagentur für Arbeit hat die Durchführungsanweisung zum Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld I wegen einer Sperrzeit aktualisiert. Folgende Änderungen sind eingetreten:
Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages führt nicht mehr zu Einbußen beim Arbeitslosengeld, wenn die - dem Arbeitnehmer im Rahmen des Aufhebungsvertrages - zugesagte Abfindung zwischen 0,25 und 0,5 Monatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr beträgt und der Arbeitgeber ohne den Aufhebungsvertrag betriebsbedingt unter Einhaltung der Kündigungsfrist zum selben Zeitpunkt gekündigt hätte und die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre und der Arbeitnehmer nicht unkündbar war. Bewegt sich die vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung über 0,5 Bruttomonatsverdiensten pro Beschäftigungsjahr, dann ist die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Kündigung allerdings wie bisher zu prüfen.
2. Ferner wurde die Durchführungsanweisung auch im Hinblick auf die geringfügigen Beschäftigungen geändert. Bei Aufgabe einer solchen Beschäftigung tritt eine Sperrzeit nur noch dann ein, wenn die aufgegebene geringfügige Beschäftigung gemeinsam mit einer weiteren geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig war.
3. In der Durchführungsanweisung wurde nunmehr auch festgestellt, dass die Insolvenz des Arbeitgebers einen wichtigen Grund für die Aufgabe der Beschäftigung darstellt.

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Dienstag, 06. November 2007

Sperrzeit und Erziehungsgemeinschaft

Urteil des Bundessozialgerichtes vom 17.10.2007, Akz: B 11a/7a AL 52/06 R
Die Klägerin hat ihr Arbeitsverhältnis als Verkäuferin gekündigt, um mit ihrer Tochter zum Verlobten in eine andere Stadt ziehen. Die Arbeitsagentur verhängte daraufhin eine Sperrzeit für einen Zeitraum von zwölf Wochen wegen Arbeitsaufgabe. Nach Ansicht des BSG kann die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungsgemeinschaft einen wichtigen Grund i. S. des § 144 SGB III darstellen. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn durch den Zuzug eine Verbesserung der Unterbringung, Verpflegung oder Be­treuung des Kindes sichergestellt ist. 

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Freitag, 05. Oktober 2007

Bezugsdauer von Arbeitslosengeld

Bundesverfassungsgericht, Akz: 1 BvL 10/07 und 1 BvL 9/07:
Das Berliner Sozialgericht hat dem Bundesverfassungsgericht zwei Fälle zur Überprüfung vorgelegt. Das Gericht sieht in der verkürzten Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I vor allem für ältere Arbeitslose eine Grundrechtsverletzung. (Zur Erläuterung: Das Gesetz zur Reform am Arbeitsmarkt hatte die maximale Bezugszeit von Arbeitslosengeld I für Arbeitslose ab 55 Jahre von 32 auf 18 Monate verkürzt. Alle jüngeren Arbeitnehmer erhalten eine Höchstdauer von zwölf Monaten). Das Sozialgericht ist der Ansicht, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld durch das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 GG geschützt sei. Die Kürzung der Bezugsdauer hätte darüber hinaus auch durch eine längere Übergangsfrist gemildert werden müssen. ****

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Mittwoch, 19. September 2007

Studium, Bafög und ALG II

Urteil des Bundessozialgerichtes vom 06.09.2007, Akz: B 14/7b AS 36/06 R:
Studenten können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (ALG II) weder als Zuschuss noch als Darlehen beanspruchen. Dies ergibt sich grundsätzlich aus  § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II.
(Wortlaut § 7 (5):  Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 des SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In besonderen Härtefällen können Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden). Dem Kläger war aufgrund eines Studienfachwechsels das BAföG gestrichen worden. Das BSG führte aus, dass es alleine auf die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung ankommt. Da seine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig sei, habe er auch keinen Anspruch auf ALG II. Die späte Entscheidung des Studienfachwechsels sei nicht als Härtefall anzusehen - "grundsätzlich" bedeutet aber im Juristendeutsch immer, dass es auch Ausnahmen gibt !!

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Freitag, 14. September 2007

SGB II, Mietkaution und Darlehen

Beschluss des LSG Hessen vom 05.09.2007, Akz: L 6 AS 145/07 ER
Zieht der Empfänger von Arbeitslosengeld II in eine Wohnung angemessener Größe um und muss er für die neue Wohnung Kaution zahlen, so erhält er die Mietkaution von der Behörde in der Regel als Darlehen. Ein solches Darlehen darf nicht auf die Grundsicherungsleistungen angerechnet werden. Es bleibt zudem zins- und tilgungsfrei. Sachverhalt: Die Arbeitsagentur Kassel hatte einem alleinerziehenden Vater (ALG II-Empfänger) ein Darlehen als Mietkaution gewährt. Monatlich sollten 50 € des ALG II zur Tilgung des Darlehens einbehalten werden. Aber: Das Gesetz sieht die ratenweise Tilgung von Darlehen aus den laufenden Leistungen der Grundsicherung nicht vor - hierdurch wird nämlich das gesetzlich abgesicherte Existenzminimum unterschritten. Die Klage des Vaters hatte Erfolg. Sofern die Kaution nicht benötigt wird, entsteht der Behörde durch die Zins- und Tilgungsfreiheit auch kein Schaden, da der Rückzahlungsanspruch schon im Darlehensvertrag abgetreten war.

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