Beiträge zum Stichwort »Sozialrecht«
Schwarzarbeit und Sozialversicherung
Urteil des Sozialgerichtes Dortmund vom 25.01.2008, Akz: S 34 R 50/06: Bereits der Umstand von Schwarzarbeit lässt den Schluss zu, dass es auch Ziel des Arbeitgebers gewesen ist, sozialversicherungsrechtliche Pflichten zu umgehen. Vorsätzlich vorenthaltene Sozialversicherungsbeiträge verjähren erst nach 30 Jahren.
Arbeitslosengeld und Bezugsdauer
Arbeitslosengeld I wird rückwirkend für Beschäftigungslose über 50 Jahre wieder länger gezahlt. Die Bezugsdauer wird zum 1. Januar auf bis zu 24 Monate ausgeweitet. Dies hat der Bundestag mit den Stimmen von Union, SPD und Linksfraktion beschlossen. Erst vor zwei Jahren war die Auszahlungsdauer von maximal 32 auf 18 Monate gekürzt worden. Über 50-Jährige erhalten nunmehr Arbeitslosengeld I bis zu 15 Monate, über 55-Jährige bis zu 18 Monate und über 58-Jährige bis zu 24 Monate.
ALG II und Fahrtkosten
Urteil des Bundessozialgerichtes
vom 06.12.2007, Akz: B 14/7b AS 50/06
R:
Sachverhalt: Der Kläger wurde durch den Jobcenter Augsburg aufgefordert,
zwei Beratungstermine/Meldetermine wahrzunehmen. Er kam dieser Aufforderung
nach und verlangte anschließend Erstattung seiner entstandenen
Fahrtkosten in Höhe von 1,76 € für die einfache Fahrt. Die
Beklagte lehnte mit der Begründung ab, dass die Erstattung von Reisekosten
eine Ermessensleistung sei und erst ab einer Bagatellgrenze von 6,00 € in
Betracht komme. Das Landessozialgericht verurteilte den Jobcenter in der
Berufungsinstanz zur Übernahme der Kosten.
Das Bundessozialgericht hat die Revision der beklagten Arge
zurückgewiesen. Bei der Festlegung einer Bagatellgrenze sei zu
berücksichtigen, dass Empfänger von Hartz-IV-Leistungen nur sehr
wenig Geld zur Verfügung hätten.
Mutterschutz und Sozialrecht
Beschluss des Sozialgerichtes Aachen vom 23.07.2007, Akz: S 21 AL 38/06:
Das Sozialgericht in Aachen hält die gesetzlichen Regelungen für die
Berechnung des Arbeitslosengeldes (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III) für
verfassungswidrig, soweit sie zu Nachteilen für Mütter führen,
die wegen des Mutterschutzes eine versicherungspflichtige Beschäftigung
unterbrochen haben. Die Angelegenheit wurde dem Bundesverfassungsgericht
vorgelegt.
Das Sozialgericht hat seine Zweifel, ob es mit dem Grundgesetz (Art. 6 Abs. 4
GG) vereinbar ist, dass die sozialrechtlichen Rechtsgrundlagen die Zeiten des
Mutterschutzes nicht umfassen.
Pflegeleistungen
Rechtsanwalt Christian Sehn - Mannheim - Sozialrecht/Steuerrecht:
1. als außergewöhnliche Belastungen in der Steuererklärung
(Zeile 103-105) abzugsfähig sind die Kosten der Pflegestufe
"0" (d.h. Ihre Krankenkasse und der Medizinische Dienst der
Krankenversicherungen MDK waren der Meinung, dass die Voraussetzungen der
Pflegestufe I-III noch nicht erfüllt sind).
2. die Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Pflege- und
Betreuungsleistungen (Pflegestufe I-III) für die eigene Person oder
für eine im Haushalt des Steuerpflichtigen wohnenden Person können in
Zeile 111 der Steuererklärung steuermindernd geltend gemacht werden.
SGB II und Verfügungstext
Rechtsanwalt Christian Sehn - Mannheim - Sozialrecht:
Die Absenkung des Arbeitslosengeldes II (Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhaltes nach dem SGB II) durch Bescheid mit folgendem
Verfügungstext ist rechtswidrig: "der Ihnen zustehende Anteil
des Arbeitslosengeldes II wird unter Wegfall des eventuell zustehenden
Zuschlags nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.08.2007
monatlich um 10 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des
Ihnen zustehenden Auszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine
Absenkung in Höhe von maximal 35,00 € monatlich" - gegen diesen Bescheid sollten Sie Widerspruch und ggfls. Klage
einlegen. Auch die Rechtskraft des Bescheides - ein
Monat nach Zugang des Verwaltungsaktes - ist in einem solchen Fall kein
Hindernis.
Bedarfsgemeinschaft und Kontovollmacht
Beschluss des Hessischen
Landessozialgericht vom 19.12.2007, Akz: L 7 AS
282/07 ER
Ein gemeinsames Konto ist kein zwingender Beleg dafür, dass eine
Bedarfsgemeinschaft vorliegt.
Zum Sachverhalt: In diesem
Fall hatte der Kläger seiner Vermieterin eine Kontovollmacht erteilt, weil
er der Frau vertraute. Die Vermieterin sollte das Geld für Ihn verwalten,
um ihn so vor Schulden zu schützen. Die Behörde sah darin jedoch
klare Anhaltspunkt für eine Bedarfsgemeinschaft und lehnte die Zahlung von
Sozialleistungen ab. Das LSG in Darmstadt gab dem Kläger Recht. Ein
gemeinsames Konto könne nicht ausreichen, um eine Bedarfsgemeinschaft zu
deklarieren. Der Kläger und die Vermieterin leben nicht zusammen in einer
Wohnung und es gibt auch sonst keine Anhaltspunkte für eine
Bedarfsgemeinschaft. Die Arbeitsagentur muss das Arbeitslosengeld II nun
nachzahlen.
Sanktion und Fristen
Urteil des Sozialgerichtes Hamburg vom 09.11.2007, Akz: S 62 AS 1701/06: Schöne Entscheidung aus dem Sozialrecht: Nach Ablauf von drei Monaten nach Bekanntwerden des Sanktionssachverhalts ist der Erlass eines Sanktionsbescheides grundsätzlich rechtswidrig (Ungeschriebene Voraussetzung der Rechtmäßigkeit einer Sanktion) - *** Sehr häufig bei Sachverhalten im Zusammenhang mit der Absenkung des Arbeitslosengeldes II anzutreffen.
Hartz IV und Verfassungswidrigkeit
Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes vom 20.12.2007, Akz: 2 BvR 2433/04, 2 BvR
2434/04:
Die Zusammenlegung der Aufgaben von Kommunen und Bundesagentur für Arbeit
in gemeinsamen Arbeitsgemeinschaften war verfassungswidrig. Das BVerfG gab
damit den klagenden Landkreisen recht, die sich über die hohe finanzielle
Belastung beschwert hatten. Die Betreuung der Empfänger von Leistungen
nach dem SGB II muss nun reorganisiert werden. Die
Bundesregierung hat dafür 3 Jahre Zeit.
ALG II und Existenzgründerzuschuss
Urteil des Bundessozialgerichtes 06.12.2007, Akz: B 14/7b AS 16/06 R: Der Grundsicherungsträger (Jobcenter, ArGE) kann bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes II eines klagenden Ehepaares einen Existenzgründungszuschuss (der Bundesagentur für Arbeit) für den Ehemann als Einkommen berücksichtigen.