Beiträge zum Stichwort »Zivilrecht«
Berufsunfähigkeitsrente und Lehrer
Beschluss des OLG
Saarbrücken vom 04.11.2006, Akz: 5 W 220/06-64:
Die andauernden Angstzustände, Panikattacken, Magenkrämpfe,
Essstörungen und Schlafstörungen einer Lehrerin bei Ausübung
ihrer Tätigkeit begründen alleine noch keinen Anspruch auf Leistungen
aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Die
Klägerin (Lehrerin an einer Grundschule) war zunächst verpflichtet
alles Zumutbare zu unternehmen, um ihre angegriffene gesundheitliche Situation
wieder in den Griff zu bekommen - so z.B durch eine ärztliche Behandlung
oder eine medikamentöse Therapie. Die Klägerin hatte derartige
Bemühungen offensichtlich nicht vorgetragen. Das Oberlandesgericht wies
die Klage daher ab.
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ)
Urteil des Bundesgerichtshofes, IV. Zivilsenat, vom 7. Februar 2007 - IV ZR
244/03:
Entscheidung des BGH zum Thema Versicherungsrecht und
Berufsunfähigkeit.
Leitsatz: "Auf eine Vereinbarung über die
Leistungspflicht nach Eintritt des Versicherungsfalles, die die vertragliche
Rechtsposition des Versicherungsnehmers einschränkt, kann sich der
Versicherer nach Treu und Glauben nicht berufen, wenn er den
Versicherungsnehmer nicht deutlich darauf hingewiesen hat, wie sich seine
Rechtsposition darstellt und in welcher Weise ein Abschluss der Vereinbarung
sie einschränkt." - dies bedeutet im Klartext, dass die Versicherung ihre
überlegenen Sach- und Rechtskenntnisse nicht ausnutzen darf, um mit dem
Versicherungsnehmer nach Eintritt des Versicherungsfalles eine - für
diesen nachteilige - Vereinbarung zu treffen. Sie muss den Versicherten
umfassend über mögliche nachteilige Folgen aufklären
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Gesellschaftsrecht und GmbH
Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. 7. 2007 - II ZR 3/ 04: Der BGH hat das Rechtsinstitut der sogenannten Existenzvernichtungshaftung weiterentwickelt. Im Kern halten die Richter zwar an der Haftung der Gesellschafter der GmbH für existenzvernichtende Eingriffe fest, allerdings stellen sie diese auf eine neue, solide rechtliche Grundlage - Konsequenz: die Rechtssicherheit für die GmBH-Eigentümer verbesssert sich. Die Gläubiger werden wahrscheinlich das Nachsehen haben.
Versicherungsrecht und Berufsunfähigkeit
Urteil des OLG Karlsruhe (Vorinstanz: LG Mannheim) vom 07.04.2005, Akz: 12 U
391/04
Entscheidung aus dem Versicherungsrecht - Leitsatz: "Der Nachweis
einer Arglist bei objektiv unvollständigen Angaben im Antragsformular kann
sich auch aus der Auswahl der angegebenen und verschwiegenen Tatsachen ergeben"
- Bei Abschluss einer
Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) sollten die
Fragen nach eventuellen Vorerkrankungen mit äußerster Sorgfalt
beantwortet werden. Erfahrungsgemäß wird hierüber vor Gericht
sehr häufig gestritten. Das selektive Verschweigen von Vorerkrankungen
kann zu einem Verlust des Versicherungsschutzes wegen arglistiger
Täuschung durch den Versicherer führen. Dann müssen
gewährte Leistungen zurückgewährt werden. Das
Versicherungsunternehmen ist gleichzeitig berechtigt, die
Versicherungsprämien bis dahin einzubehalten.
Ebay und Hehlerei
Das Amtsgericht Pforzheim hat einen eBay-Käufer wegen Hehlerei verurteilt. Der Käufer erhielt bei einer Ersteigerung bei Ebay den Zuschlag für ein Navigationssystem für 681,- € inkl. Versandkosten. Der Neupreis des Gerätes lag im regulären Handel bei 2137,- €. Der Verkäufer war ein Powerseller aus Polen mit zahlreichen positiven Bewertungen. Nach Ansicht der Richterin hat der Käufer zumindest billigend in Kauf genommen, dass das Gerät aus einer rechtswidrigen Vortat stammt, da die Sache zu billig ersteigert worden war und der Verkäufer aus Polen komme (1200 € Strafe exkl. Verfahrenskosten) - das Urteil dürfte in der Berufungsinstanz keinen Bestand haben.
Animation und Reisemangel
Urteil des BGH vom 12.06.2006, Akz: X ZR 87/06 zum Thema Reiserecht. Die Klägerin besuchte eine Animationsveranstaltung im Hotel am Urlaubsort. Die Animateurin bot im Zusammenhang mit einem "Wetten-dass-Spiel" einem Kind die Wette an: "Wetten, dass deine Mama nicht in zwei Minuten 60 verschiedene Schuhe einsammeln kann ?" Die Zuschauer warfen so dann Ihre Schuhe auf die Bühne. Ein Schuh mit hohem und spitzem Absatz traf dabei die - in der ersten Reihe sitzende - Klägerin am Hinterkopf. Ihr Hausarzt diagnostizierte zunächst eine Gehirnerschütterung. Nachdem stärkere Beschwerden auftraten, machte die Klägerin Schadensersatzansprüche wegen eines Schädel-Hirn-Traumas geltend. Der BGH hat die vertragliche Haftung des Reiseveranstalters dem Grunde nach bejaht. Der Unfall ist ein Reisemangel, weil die Gefahr des Schuhewerfens und die verbundene Verletzungsgefahr nicht fern lagen. Die Animateurin ist als Erfüllungsgehilfin des Reiseveranstalters zu sehen - diese hätte die Gefahr vorhersehen müssen. Notfalls hätte Sie das Schuhewerfen verbieten müssen. An der Fristversäumung nach § 651g Abs. 1 BGB trifft die Klägerin kein Verschulden. Der Rechtstreit wurde zur Klärung von Kausalitätsfragen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Pflichtteil und Grundstück
Rechtsanwalt Sehn - Mannheim
Laut einem Spiegelbericht wird im nächsten Jahrzehnt die unglaubliche
Summe von 2,5 Billionen Euro vererbt. Nur jeder zweite Bundesbürger regelt
seine Erbfolge in einem Testament. In den übrigen Fällen tritt dann
meistens die gesetzliche Erbfolge ein. Gesetzliche Erben der ersten Ordnung
sind die Abkömmlinge des Erblassers (Sohn und Tochter) - § 1924 Abs 1
BGB. Kinder erben zu gleichen Teilen - § 1924 Abs 4 BGB. Hinterlässt
also der letztversterbende Elternteil Sohn und Tochter, dann erben beide je zu
½. Hinterlässt der letztversterbende Elternteil drei Kinder, so
erben alle Drei je zu einem Drittel, usw. Wird das Erbrecht eines der Kinder
z.B. durch Testament ausgeschlossen (Enterbung), so verbleibt diesem trotzdem
noch der Pflichtteil. Der Pflichtteil wiederum besteht in der
Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils - § 2303 Abs 1 BGB. Die
Tochter, die also normalerweise ½ geerbt hätte, bekommt nach
der Enterbung nur noch ¼ als Erbteil. Erweist sich ein
Abkömmling als erbunwürdig (z.B. Verbrechen oder schweres
vorsätzliches Vergehen gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten, ehrloser
oder unsittlicher Lebenswandel des Abkömmlings wider den Willen des
Erblassers, usw.), so kann ihm auch der Pflichtteil entzogen werden - §
2333 BGB. Die Verfasser des BGB haben mit dem Pflichteilsrecht ein
ausgeklügeltes, rechtliches System geschaffen. Besteht die Erbmasse
hauptsächlich aus einem Grundstück mit Immobilie, so
wurde in der Vergangenheit häufig vom Erblasser und dem Begünstigten
versucht, das Pflichtteilsrecht eines Kindes durch Schenkung
zu umgehen. Beliebt war in diesem Zusammenhang die Variante, das
Grundstück mit Immobilie 10 Jahre vor Eintritt des Erbfalls zu
verschenken. Normalerweise kann der Pflichtteilsberechtigte bei Schenkungen an
dritte Personen als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um
den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand den
Nachlass hinzugerechnet wird - sogenannter
Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser
Ergänzungsanspruch greift jedoch nicht, wenn zur Zeit des Erbfalles zehn
Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen sind -
§ 2325 Abs 3 BGB. Der Pflichtteilsberechtigte steht dann mit leeren
Händen da und erhält allenfalls einen Pflichtteil aus den vorhandenen
mobilen Vermögenswerten des Erblassers. Eine sehr unbefriedigende
Situation für den eigentlich Erbberechtigten. Personen, die nach der
gesetzlichen Erbfolge nicht oder noch nicht erbberechtigt wären,
profitieren von dieser Regelung oder nutzen diese "Lücke" im System gar
planvoll aus. Da erfüllt es den Rechtsuchenden schon mit einer gewissen
Genugtuung, dass der Bundesgerichtshof in einem umfassenden Urteil dieser
verwerflichen Praxis zumindest teilweise einen Riegel vorgeschoben hat und das
Pflichtteilsrecht in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg
sowie im übrigen Bundesgebiet damit aufwertet.
Neue "Düsseldorfer Tabelle"
Ab 01.07.2007 tritt die neue "Düsseldorfer Tabelle" in Kraft. Die
Regelbeträge für den Unterhalt minderjähriger Kinder wurden
etwas gesenkt. Anmerkung: Die Düsseldorfer
Tabelle wird von den Familiensenaten der Oberlandesgerichte herausgegeben. Sie
dient bundesweit als Orientierunghilfe zur Festlegung des
Kindesunterhaltes.
Reiserecht - Zelt statt Hotelzimmer
Urteil Amtsgericht Menden vom 5. April 2006, Akz: 4 C103/05
Hat ein Reisebüro irrtümlich ein "Doppelzelt" statt des vom Kunden
gewünschten "Doppelzimmers" gebucht, dann ist es als Reisevermittler zum
Schadensersatz verpflichtet.
Zum Sachverhalt: Der Kläger und sein Reisebegleiter dachten sie
hätten einen Urlaub am Roten Meer in einem Doppelzimmer im Hotel gebucht.
Das Reisebüro hatte stattdessen jedoch nur ein Doppelzelt vermittelt. Da
es keine Hotelzimmer mehr gab, musste der Kläger die Unterkunft
akzeptieren. Nach dem Campingurlaub reichte der Kläger Klage gegen das
Reisebüro ein. Er begehrte eine Reisepreisminderung um 50
% und bekam Recht.
Ebay und Selbstabholer
Und wieder ein nettes Urteil Ebay betreffend -
Urteil Amtsgericht Koblenz, Akz. 151 C 624/06:
Wenn ein Händler die Selbstabholung im Ebay-Angebot nicht
ausdrücklich ausschließt, darf er diese dem Kunden auch nicht
verweigern !! Und noch was zu Ebay:
Ein "Sachmängelgewährleistungsausschluss" bei gebrauchten Sachen in
einem Angebot von Ebay ist möglich und ergibt sich direkt aus unserem
guten alten BGB ! Der Hinweis mancher Verkäufer auf ein angebliches
EU-Kaufrecht (häufig zu finden bei Onlineauktionen) ist schlichtweg
falsch. Die EU-Richtlinie regelt lediglich das Verbot eines
Haftungsausschlusses bei einem Verbrauchsgüterkauf !!!