Beiträge zum Stichwort »Arbeitsrecht«

Samstag, 16. Oktober 2010

Urlaubsabgeltung und Schwerbehinderung

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 23.03.2010, Az: 9 AZR 128/09:
Scheidet ein schwerbehinderter Arbeitnehmer arbeitsunfähig aus dem Arbeitsverhältnis aus, so hat der Arbeitgeber auch den gesetzlichen Zusatzurlaub von fünf Tagen abzugelten. Im vorliegenden Fall hatte ein Schwerbehinderter geklagt, da der Arbeitgeber ihm nur den Mindesturlaub finanziell vergüten wollte. Nach Aufassung des BAG unterliegt der Anspruch auf Abgeltung des Zusatzurlaubes für Schwerbehinderte dem rechtlichen Schicksal des Mindesturlaubes und war daher abzugelten - s. auch Urteil des EuGH vom 20.01.2009.

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Donnerstag, 03. Juni 2010

Rückzahlung von Fortbildungskosten

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 15.09.2009, AZR 173/08.
Verpflichtet sich der Arbeitnehmer erst nach Abschluss einer Fortbildungsmaßnahme unter bestimmten Bedingungen zur Rückzahlung der entstandenen Fortbildungskosten, so unterliegt auch diese Vereinbarung der Inhaltskontrolle nach den Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 305 ff. BGB). Die Kosten für die Fortbildung können vom Arbeitgeber nur zurückgefordert werden, wenn die Ausbildung für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist und die Bindungsdauer an das Unternehmen nicht unangemessen lang ist. Ist die Bindungsdauer zu lang, dann führt dies zur Unwirksamkeit der gesamten Rückzahlungsklausel.

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Donnerstag, 03. Juni 2010

Fristlose Kündigung und Sperrzeitbescheid

Arbeitsrecht Mannheim/Rechtsanwalt Christian Sehn:
In der letzten Zeit häufen sich die Fälle grundloser fristloser Kündigungen. Hiergegen sollte auf jeden Fall das Arbeitsgericht angerufen werden, da ansonsten mit erheblichen Verzögerungen bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld und i.d.R. mit der Verhängung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld gerechnet werden muss - hier sollte insbesondere nicht darauf vertraut werden, dass die Arbeitsagenturen den Sachverhalt schon zu Gunsten des gekündigten Arbeitnehmer klären werden. Notfalls gegen den Sperrzeitbescheid Widerspruch und gegebenfalls Klage einreichen.

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Donnerstag, 03. Juni 2010

Abfindung und unwahre Kündigungsgründe

Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 15.09.2009, Az: 2 Sa 105/09
Die Klägerin war als Altenpflegerin in einem Seniorenwohnheim tätig. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit der nachweislich unzutreffenden Begründung, die Arbeitnehmerin habe eine an Parkinson leidende Heimbewohnerin gerempelt, dadurch zu Fall gebracht und dann anschließend hilflos liegen lassen. Gegenüber dem Betriebsrat äußerte der Arbeitgeber, dass ein derartiges Verhalten einer Mitarbeiterin auf einer Pflegestation nicht tragbar sei.
Der Arbeitgeber relativierte in der ersten Instanz - im Kündigungsschutzverfahren - seinen Vortrag dahingehend, dass die gekündigte Mitarbeiterin die Bewohnerin lediglich „gestreift“ habe und sich anschließend nicht ausreichend um die gestürzte Person „gekümmert“ habe.
Auf Antrag der Klägerin hat das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgehoben. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil in der Berufungsinstanz bestätigt. Die Kündigung war mangels Abmahnung und langer beanstandungsfreier Tätigkeit der Klägerin rechtswidrig. Der Auflösungsantrag gegen Zahlung einer Abfindung war ebenfalls begründet. Die Vorwürfe des Arbeitgebers wurden zwar teilweise zurückgenommen, jedoch waren seine Anschuldigungen haltlos und ehrverletzend. Unter diesen Umständen war der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Es bestand außerdem die Befürchtung, dass sich ein derartiger Vorfall wiederholen könnte.

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Samstag, 20. Februar 2010

Sozialplan und AGG

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 26.05.2009, Az:1 AZR 198/08:
Nach Auffassung des BAG verstößt es nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wenn in einem Sozialplan eine Altersdifferenzierung vorgenommen wird.
Sozialpläne dürfen eine nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen. Sie dürfen für rentenberechtigte Arbeitnehmer Leistungen aus dem Sozialplan reduzieren oder ganz ausschließen. Die damit verbundene unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist durch § 10 AGG gerechtfertigt. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verstößt auch nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Die Regelung ist entsprechend Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG durch ein vom nationalen Gesetzgeber verfolgtes legitimes Ziel gerechtfertigt.

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Samstag, 09. Januar 2010

"Flashmob"-Aktionen

Urteil des BAG 22.09.2009, Az: 1 AZR 972/08:
Sachverhalt: Der Kläger ist ein Arbeitgeberverband im Raum Berlin-Brandenburg. Dieser führte 2007 mit der beklagten Gewerkschaft Tarifverhandlungen. Der Landesbezirk der Gewerkschaft Berlin-Brandenburg veröffentlichte auf seiner Homepage ein Aufruf, in dem u.a. heißt:
"Hast du nicht Lust, dich an Flashmob-Aktionen zu beteiligen? Gib uns deine Handy-Nummer und dann lass uns zu dem per SMS gesendeten Zeitpunkt zusammen in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiten, gezielt einkaufen gehen, z.B. so:
- Viele Menschen kaufen zur gleichen Zeit einen Pfennig-Artikel und blockieren damit für längere Zeit den Kassenbereich
- Viele Menschen packen zur gleichen Zeit ihre Einkaufswagen voll (bitte keine Frischware!!!) und lassen sie dann stehen."

Am 8. Dezember 2007 kam es bei einem Mitglied der Klägerin zu einer mindestens 45 Minuten dauernden "Flashmob"-Aktion, an der sich ca. 45 bis 50 Personen beteiligten. Von diesen wurden zum einen Pfennigartikel gekauft, zum anderen etwa 40 Einkaufswagen größtenteils randvoll gefüllt und sodann stehen gelassen. Eine Teilnehmerin begab sich mit einem mit Kleinstartikeln gefüllten Wagen an die Kasse, ließ die Artikel im Wert von 371,78 Euro eingeben und stellte den gefüllten Einkaufswagen an der Kasse mit der Erklärung ab, sie habe ihr Geld vergessen. Dabei klatschten andere Teilnehmer Beifall und gaben durch laute Rufe ihre Zustimmung kund.
Entscheidungsgründe: Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der beklagten Gewerkschaft künftig derartige Aufrufe zu unterlassen. Er ist der Auffassung, diese seien keine zulässigen Streikmaßnahmen. Vielmehr handele es sich um rechtswidrige, mit Betriebsblockaden und Betriebsbesetzungen vergleichbare Aktionen. Die Beklagte meint, es handele sich um zulässige, der Betätigungsfreiheit nach Art. 9 III GG unterfallenden Mittel des Arbeitskampfs. Das Bundesarbeitsgericht ist der Auffassung, dass eine Gewerkschaftsaktion, bei der kurzfristig aufgerufene Teilnehmer durch den Kauf geringwertiger Waren oder das Befüllen und Stehenlassen von Einkaufswagen in einem Einzelhandelsgeschäft eine Störung betrieblicher Abläufe herbeiführen, als Arbeitskampfmittel nicht rechtswidrig ist. Dem  Arbeitgeber bleibe es unbenommen, sich durch die Ausübung seines Hausrechts oder eine kurzfristige Betriebsschließung gegen diese Aktionen zur Wehr zu setzen. Allerdings stellte das BAG ebenfalls klar, dass eine derartige „Flashmob- Aktion“ in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers eingreift. Ein solcher Eingriff kann aber aus Gründen des Arbeitskampfes gerechtfertigt sein - die gerichtliche Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeberverband und Gewerkschaft ist in Anbetracht der enormen Auswirkungen dieses Flashmob-Aktionen mit Sicherheit noch nicht beendet. 

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Samstag, 09. Januar 2010

Raucherpausen und Kündigung

Urteil des Arbeitsgerichtes Duisburg vom 14.09.2009, Az: 3 Ca 1336/09 zum Thema Raucherpausen:
Die Klägerin war im Laufe des Kalenderjahres 2008 mehrfach abgemahnt worden, weil sie sich Raucherpausen genommen hatte, ohne vorher auszustempeln. Im Betrieb der Klägerin war verbindlich die Regelung getroffen worden, dass bei einer Raucherpause vorher auszustempeln ist. Im Jahr 2009 wurde von der Betriebsleitung festgestellt, dass die Klägerin an drei Tagen - ohne vorherige Bedienung des Zeiterfassungsautomaten - Raucherpausen genommen hatte. Daraufhin wurde die fristlose Kündigung ausgesprochen. Nach Auffassung des Gerichtes war aufgrund des wiederholten Verstoßes gegen die Betriebsordnung die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig. Auch der kurzzeitige Entzug der Arbeitsleistung sei eine gravierende Vertragsverletzung, die das für die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört.

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Donnerstag, 31. Dezember 2009

"Gewerkschaft" CGZP

Arbeitsgericht Berlin:
Die Tarifgemeinschaft christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) ist nach Auffassung des Berliner Arbeitsgerichtes wegen fehlender "Sozialmächtigkeit" nicht tariffähig i.S. des Tarifvertragsgesetzes (TVG). - *** diese Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben, sofern sie weiterhin Bestand hat. Nach dem "equal-pay" Gebot müssen die Leiharbeitnehmer die gleiche Entlohnung erhalten, die den festangestellten Arbeitnehmern zusteht. Dies bedeutet unter Umständen für die betroffenen Arbeitnehmer Lohnnachzahlungen, die lediglich durch die Verjährungsvorschriften begrenzt werden.

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Dienstag, 13. Oktober 2009

Fehlerhafte Abmahnung

Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 23.06.2009, Az: 2 AZR 283/08:
Sachverhalt: der Kläger war seit 1965 bei der Beklagten als Pressefotograf beschäftigt. In den Jahren 2001 und 2004 haben die Parteien vor Gericht bereits über zwei Abmahnungen gestritten. Die Unwirksamkeit dieser Abmahnungen wurde rechtskräftig festgestellt. Im Jahr August 2005 folgte eine weitere Abmahnung, die das Landesarbeitsgericht ebenfalls für unwirksam gehalten hat. Im November 2005 suchte der Kläger sodann in seiner Eigenschaft als Pressefotograf den Ort eines Eisenbahnunglücks auf. Auf Fragen der anwesenden Polizisten gab er sich als Pressefotograf zu erkennen, verweigerte aber die Vorlage seines Presseausweises. Da der Kläger den Unfallort nicht aufforderungsgemäß verließ, sprach die Polizei einen Platzverweis aus. Der Kläger leistete dieser Aufforderung sofort Folge. Die zuvor von ihm gefertigten Aufnahmen wurden von der Beklagten veröffentlicht. Die Polizei informierte den Arbeitgeber über den Vorfall und betrachtete die Angelegnheit damit als erledigt. Der Arbeitgeber allerdings sprach nach Anhörung und Zustimmung des Betriebsrats am 27.03.2006 eine ordentliche Kündigung zum 31.10.2006 aus.
Entscheidungsgründe: das BAG hat der - gegen die Kündigung gerichteten - Kündigungsschutzklage stattgegeben. Ein angestellter Pressefotograf einer Nachrichtenagentur ist in der Öffentlichkeit zwar zu einem angemessenen Auftreten verpflichtet und darf den Ruf und die Beziehungen des Arbeitgebers zu Kunden und Informanten nicht durch sein Verhalten beschädigen. Eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Verletzung dieser vertraglichen Pflicht kommt allerdings nur in Betracht, wenn dem Arbeitnehmer durch eine vergebliche Abmahnung deutlich gemacht worden ist, welches Verhalten der Arbeitgeber vom seinem Arbeitnehmer zukünftig konkret erwartet. Ferner muss aus der Abmahnung wegen deren Warnfunktion deutlich werden, dass bei erneuter Pflichtverletzung der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

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Dienstag, 13. Oktober 2009

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Urteil des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 22.04.09, Az: 2 Sa 1689/08:
Eine tarifliche Regelung, in der die Höhe der Grundvergütung der Beschäftigten nach Lebensaltersstufen gestaffelt wird, ist wegen unmittelbarer Benachteiligung wegen des Alters gem. § 1 und § 3 AGG unwirksam. Eine derartige Klausel ist nach Ansicht des Gerichtes ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters. Im vorliegenden Fall hatte ein 31-jähriger Angestellter des öffentlichen Dienstes eine Vergütung gefordert, die der höchsten Lebensaltersstufe in der tariflichen Gehaltsstaffelung vorbehalten war. Das Gericht ist der Auffassung, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz auch jüngere Arbeitnehmer gegen Benachteiligungen im Verhältnis zu älteren Beschäftigten schütze - die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht wurde durch das LAG im Urteil zugelassen !

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