Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
< >
Dienstflüge und "Miles-and-More"
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes - 9 AZR 500/05
Bonuspunkte, die ein Arbeitnehmer in einem Miles-and-More-Programm für
dienstliche Flüge sammelt, stehen dem Dienstherrn zu. Nach § 667 BGB
ist der Beauftragte verpflichtet, seinem Auftraggeber alles herauszugeben, was
er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Dieser Grundsatz gilt auch im
Arbeitsverhältnis. Die Herausgabepflicht gilt für alle Vorteile,
soweit sie dem Arbeitnehmer von einem Dritten nicht nur bei Gelegenheit,
sondern auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten
Geschäft gewährt worden sind.
Arbeitsunfähigkeit und Skiurlaub
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes - 2 AZR 53/05
Ein Arbeitnehmer war wegen einer Hirnhautentzündung arbeitsunfähig
krank. Trotzdem reiste er in der Zeit der Erkrankung in den Skiurlaub. Dort
verletzte sich bei einem Skiunfall so schwer, dass sich seine
Arbeitsunfähigkeit erheblich verlängerte. Der Arbeitgeber
kündigte ohne Abmahnung fristlos. Die Kündigungsschutzklage des
Arbeitnehmers war erfolglos. Nach Ansicht des BAG hatte der Arbeitnehmer seine
Pflicht zu einem gesundheitsfördernden Verhalten verletzt. Er durfte
während einer Erkrankung (die mit Konzentrationsschwächen verbunden
ist) keinen Sport betreiben, der erhebliche Anforderungen an Konzentration und
Fitness stellt.
Arbeitsvertrag und Rückzahlungsklauseln
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes - 9 AZR 610/05
Haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber in einem vorformulierten Arbeitsvertrag
vereinbart, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer
bestimmten Frist Ausbildungskosten an den Arbeitgeber zurückzuzahlen sind,
ohne dass es auf den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
ankommt, so ist diese Rückzahlungsklausel unwirksam. Sie benachteiligt den
Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist
damit unwirksam.
Kündigung und Klagefrist
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes:
Ein Arbeitnehmer muss innerhalb einer Frist von 3 Wochen ab Zugang der
Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben, wenn er die
Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung geltend machen will. Rügt der
Arbeitnehmer bei einer Kündigung lediglich die Nichteinhaltung der
Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber, so kann er dies auch
außerhalb der 3 wöchigen Klagefrist des § 4 KSchG tun. Die
fehlerhafte Berechnung der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber macht die
ordentliche Kündigung nicht insgesamt unwirksam, sondern betrifft
lediglich den Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit.
Geschwindigkeitsüberschreitung
Laut ADAC gibt es seit einiger Zeit an Ampeln
Kontrollgeräte, die mit
Induktionsschleifen sowohl
Geschwindigkeits- als auch
Rotlichtverstöße erfassen
können. Wer also als Verkehrsteilnehmer
versucht einen Rotlichtverstoß durch
starkes Beschleunigen zu umgehen, kann im Gegenzug
wegen einer
Geschwindigkeitsüberschreitung im
Bereich der Ampel erfasst werden. Solche
Geräte sollen u.a. schon aufgestellt sein in
Calw, Dortmund, Friedrichshafen, Kiel, München
und Pforzheim. - ↓↓↓
Abzocke der übelsten Sorte
Smart und Parklücken
Urteil Amtsgericht Viechtach (DAR 05, 704)
Gegen eine Autofahrerin wurde ein Bußgeldbescheid verhängt, weil sie
ihren Smart nicht parallel zum Fahrbahnrand, sondern quer zur Fahrtrichtung
geparkt hatte. Ihr Einspruch hatte Erfolg. Nach ständiger Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs soll der fließende Verkehr nicht behindert und der
Parkraum optimal ausgenutzt werden. Das Amtsgericht hob daher den
Bussgeldbescheid auf - ****
Österreich und Ablendlicht
Autofahrer müssen in Österreich auch
tagsüber das Abblendlicht einschalten. Wer dies
vergisst, muss mit einem Bußgeld in Höhe von €
15,00 rechnen. In Kraft ist die Regelung seit November
2005. Im Falle eines Verstoßes sollen
Bußgelder ab dem 15.04.2006 verhängt
werden.
Rotlichtverstoß ohne Gefährdung
Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden (DAR 2002, 522)
Ein Rotlichtverstoß, bei dem nicht einmal eine abstrakte Gefährdung
anderer Verkehrsteilnehmer möglich ist, stellt keinen besonders
schwerwiegenden Fall dar, sodass neben der Geldbuße ein Fahrverbot nicht
in Betracht kommt.
ALG II und unzulässige Analogiebildung der Jobcenter
SG Karlsruhe - S 5 AS 1248/05 -
LSG Baden-Württemberg - L 8 AS 4364/05 -
Bundessozialgericht Kassel - B 7b AS 6/06 R - B. ./. Jobcenter Karlsruhe
Der 1968 geborene ledige Kläger bewohnt gemeinsam mit seiner über 65
Jahre alten Mutter eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 120 qm. Er
verfügt über kein eigenes Einkommen und Vermögen. Seine Mutter
bezieht eine monatliche Rente in Höhe von 650,00 €; der Mietzins
beträgt 645,52 €. Die beklagte ARGE gewährte ihm für den
Zeitraum vom 1.1. bis 30.6.2005 neben anteiligen Kosten der Unterkunft eine
Regelleistung in Höhe von 276 €. Die
Beklagte ist der Auffassung, dem Kläger könne der volle Regelsatz in
Höhe von 345 € nicht zustehen, weil er
mit seiner Mutter in einer Haushaltsgemeinschaft lebe und wie in einer
Bedarfsgemeinschaft nur abgesenktes Alg II erhalten könne. Innerhalb einer
gemeinsam bewohnten Wohnung könne es keine zwei Haushaltsvorstände
geben. Die Vorinstanzen haben die Beklagte verurteilt, dem Kläger die
volle monatliche Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe
von 345 € zu gewähren. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.
- Die Entscheidung wird mit Spannung erwartet. Das
Parallelverfahren B 11b AS 1/06 B wurde von unserer Kanzlei bearbeitet.
ehemaliger Arzt im Praktikum (AiP)
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. November 2006 - 4 AZR
624/05 - (Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 27. Juli 2005
- 10 Sa 798/05 )
Durch das Gesetz zur Änderung der Bundesärzteordnung vom
21. Juli 2004 ist der Ausbildungsabschnitt Arzt im Praktikum (AiP)
entfallen. Die Approbation kann nunmehr bereits nach dem Bestehen der
ärztlichen Prüfungen erteilt werden. Studierende der Humanmedizin,
die vor dem 1. Oktober 2004 ihr Medizinstudium absolviert haben, müssen ab
dem 1. Oktober 2004 nicht mehr als AiP arbeiten. Die Beklagte hatte den
Kläger in diesem Fall jedoch weiter zu AiP-Konditionen beschäftigt.
Hiergegen wendet sich der Arzt mit seiner Klage. Der 4. Senat des
Bundesarbeitsgerichts hat der Klage ebenso wie das Arbeits- und
Landesarbeitsgericht stattgegeben. Beide Parteien sind tarifgebunden. Es gilt
für dieses Arbeitsverhältnis daher der
Bundesangestelltentarifvertrag-Ost. Der Kläger kann entsprechend seiner
Eingruppierung als Arzt Vergütung nach VergGr. IIa BAT-O
beanspruchen. -***