Anwalt und Weblog
Auf dieser Seite werden
wir Ihnen aktuelle Entscheidungen der Gerichte und Rechtsfälle aus den
Bereichen Arbeitsrecht, Sozialrecht, Mietrecht und Allgemeines Zivilrecht
vorstellen. Bitte beachten Sie unsere Haftungshinweise.
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Arbeitslosengeld II und Mietwohnung
Sie haben zunächst einmal Anspruch auf diejenigen laufenden und einmaligen
Leistungen, die zur Deckung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft
notwendig sind (z.B. Mietzins, Nebenkosten gem. Betriebskostenverordnung) -
soweit sie angemessen sind.
Welche Kosten vom ALG II-Kostenträger sonst noch übernommen werden,
ist abhängig vom Mietvertrag. Sind dort Mietnebenkosten zwingend
vereinbart, die normalerweise nicht dem notwendigen Lebensunterhalt zuzurechnen
sind (z.B. Kosten eines Kabelanschlusses) so müssen diese ebenfalls vom
Amt getragen werden.
Wird mit der Wohnung untrennbar noch ein PKW-Stellplatz vermietet, so
müssen auch diese im Mietzins enthaltenen Kosten vom Amt getragen werden,
wenn die Aufwendungen nicht durch Untervermietung vermieden oder verringert
werden können.
Arbeitslosengeld II und Mehrbedarf
Wir weisen daraufhin, dass Hilfebedürftige neben der Regelleistung (max. 345 €) noch Anspruch auf Mehrbedarfzuschlag in folgenden Fällen haben:
- Mehrbedarfzuschlag für werdende Mütter (17%)
- Mehrbedarfzuschlag für Alleinerziehende (bis zu 36%)
- Mehrbedarfzuschlag für behinderte Menschen (35%)
- Mehrbedarfzuschlag für krankheitsbedingte kostenaufwändige
Ernährung
(z.B: Colitis ulcerosa, Diabetes mellitus Typ I, Diabetes mellitus Typ IIa,
HIV-Infektion / Aids, Hyperlipidämie, Hypertonie, Hyperurikämie,
Krebs, Leberinsuffizienz, Morbus Crohn, Multiple Sklerose, Neurodermitis,
Niereninsuffizienz, Niereninsuffizienz mit Hämodialysebehandlung, Ulcus
duodeni - Zwölffingerdarmgeschwür, Ulcus ventriculi -
Magenwandgeschwür, Zöliakie / Sprue)
Arbeitslosengeld II und Pflege von Angehörigen
§ 10 SGB II: "Dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist
jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass die
Ausübung der Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar
wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann."
Die Bundesagentur für Arbeit vertritt in der Durchführungsanordnung
zum SGB II die Ansicht, dass zumindest im Bereich der Pflegestufe 1 und
Pflegestufe 2 dem Pflegenden noch eine andere Tätigkeit zugemutet werden
kann. Die Bundesagentur für Arbeit geht bei der Pflegestufe 1 (erhebliche
Pflegebedürftigkeit der Pflegeperson) sogar davon aus, dass der Pflegende
nebenher noch eine Vollzeitbeschäftigung ausüben kann. - Diese Vermutung ist deutlich zu optimistisch und dürfte je nach
Krankheitsbild des zu Pflegenden gerichtlich zu widerlegen sein.
Arbeitslosengeld II und Zumutbarkeit von Leiharbeit
In § 10 SGB II steht: "Dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist
jede Arbeit zumutbar, es sei denn, ...." Dies
bedeutet, dass die Arge oder der Jobcenter den Hilfebedürftigen
grundsätzlich auch auf Leiharbeit verweisen darf. Bei der Leiharbeit gibt
es aber zumindest bei der Entlohnung eine feste Grenze des Zumutbaren. Das
verleihende Unternehmen (Zeitarbeitsfirma) muss den Arbeitnehmer entweder
bezahlen, wie alle anderen festangestellten Arbeitnehmer in der Entleiherfima
(Firma XY) oder aber die Zeitarbeitsfirma wendet die Tarifverträge an, die
zwischen den Gewerkschaften und den Interessenverbänden deutscher
Zeitarbeitsunternehmen abgeschlossen wurden. Dann ist die Zeitarbeitsfirma
verpflichtet, Tariflohn nach den einzelnen Entgeltgruppen nebst Zuschlägen
zu bezahlen. Die Entlohnung unter Tarif hingegen ist ein arbeitsrechtlicher
Verstoß und sozialrechtlich unzumutbar.
Arbeitslosengeld II und Klage
Sollte der ALG II-Empfänger vom Leistungsträger zu einer unsicheren und wenig erfolgversprechenden Klageerhebung (z.B. Unterhalt oder sonstige zivilrechtliche Ansprüche gegen dritte Personen) gedrängt worden sein, besteht im Falle einer Kostenbelastung bei Unterliegen u.U. ein Kostenfreistellungsanspruch gegenüber dem SGB II-Träger.
Arbeitslosengeld II und Vermögensverwertung
Urteil Sozialgericht Düsseldorf:
Verfügt der ALG II-Antragsteller über Vermögen, das an sich
seine Bedürftigkeit ausschließt, steht ihm dennoch die
Grundsicherung zunächst als Darlehen zu, wenn eine sofortige Verwertung
seines Vermögens (z.B. Grundstück, größere Wohnung,
Schmuck, usw.) zu einem wirtschaftlich nicht vertretbaren Wertverlust
führen würde. - Vom Antragsteller kann also
nicht erwartet werden, dass er seine Wertgegenstände auf dem freien Markt
zu Niedrigstpreisen verschleudert.
Arbeitslosengeld II und (Dispo-)Kreditaufnahme
Urteil OVG Münster:
Die Inanspruchnahme eines Dispositionskredites (Dispo) durch den ALG
II-Empfänger bei seiner Bank kann grundsätzlich nicht erwartet
werden. Die daraus resultierende Verschuldung und Zinsbelastung ist dem
Hilfesuchenden unzumutbar.
Arbeitlosengeld I+II und Umzug
Wer die Leistungen Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II bezieht, ist
verpflichtet einen Umzug unverzüglich dem Leistungsträger zu melden.
Damit es nicht zu Leistungsverzögerungen bei der Auszahlung des ALG I oder
ALG II und sonstiger Leistungen kommt, sollte man sich zunächst am
alten Wohnsitz bei der Agentur für Arbeit oder bei dem zuständigen
Leistungsträger abmelden und sich binnen einer Woche am neuen Wohnsitz
beim Arbeitsamt, usw. anmelden. Sollte es dennoch zu Verzögerungen kommen,
dann liegt das Verschulden beim Leistungsträger und nicht beim
Leistungsempfänger.
Offene Kritik am Arbeitgeber
Urteil des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 25.08.2006 - 8 Sa
245/06
Der Kläger hatte - nach Ansicht des Arbeitgebers - in einem offenen Brief
sowohl den Vorsitzenden des Betriebsrates als auch den
Geschäftsführer und den Personaldirektor angegriffen. Der Arbeitgeber
kündigte dem Kläger daher fristlos. Nach dessen Auffassung habe der
Arbeitnehmer die betrieblichen Angelegenheiten nicht in einem offenen Brief
aufgreifen dürfen. Das LAG war jedoch der Meinung, dass ein offener Brief
nach einem betrieblichen Streit ist nicht ohne weiteres ein
Kündigungsgrund sein könne. Das Recht der freien
Meinungsäußerung finde erst dort seine Grenzen, wo Menschen
vorsätzlich beleidigt und verleumdet werden. Die Loyalitätspflicht
des Arbeitnehmers gehe nicht so weit, dass einem Mitarbeiter jede offene Kritik
am Arbeitgeber verboten sei.
ALG II und Regelleistungshöhe
Urteil desBundessozialgerichts vom 23. November 2006 –
B 11b AS 1/06 R
Die Klägerin konnte sich in der Revisionsinstanz nicht mit dem Vorbringen
durchsetzen, die Vorschriften zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe und zur
Höhe der Regelleistungen sowie zur Berücksichtigung von Einkommen
seien nicht verfassungsgemäß. Nach Meinung des
Bundessozialgerichtes sind diese Vorschriften des SGB II zur Höhe der
Regelleistungen und zur Berücksichtigung von Einkommen nicht
verfassungswidrig. - ↓↓ Es bleibt also bei der
monatlichen Regelleistung des Alg II von 345 € für Alleinstehende und
der prozentualen Minderung der Regelleistung für Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft sowie den Anrechungsvorschriften des Einkommens.